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Woher kommt das und wohin führt das? Was wissen wir und was können wir tun? Marisa träumt von zwei neuen Tätowierungen: auf der einen Schulter ihr Großvater und Hitler auf der anderen. Die junge Frau ist Neonazi – hasst Ausländer, Schwarze, Juden und Polizisten. Sie rastet aus und drischt brutal zu, wenn ihr jemand dumm oder in die Quere kommt. Im blindwütigen Hass auf das Andere und die Fremden, auf die Politik und das System glaubt die 20-Jährige genau zu wissen, wer schuld ist an den Zuständen in diesem Land und um sie herum. Lustlos im Job an der Supermarktkasse, angeödet von den Vorhaltungen der Mutter, verroht im Denken und Fühlen. Marisas Leben ist aus den Fugen: In der rechten Clique macht ihr eine 15-Jährige aus gutem Hause Konkurrenz, ihr gleichgesinnter Freund muss in den Knast, der geliebte Großvater liegt im Sterben. Als sie mit ihrem Auto zwei afghanische Asylbewerber über den Haufen fährt und einfach liegen lässt, scheint der Tiefpunkt erreicht. Ein schlechtes Gewissen und ein Rest von Mitgefühl und Verantwortung bringen sie dann doch zum Nachdenken. Irgendwie gerät Marisas Weltbild ins Wanken. Doch der Weg aus der Szene wird härter als sie ahnt. Für ihre beeindruckende Darstellung der Hauptfigur bekam Alina Levshin den Deutschen Filmpreis in Gold.
Gründlich recherchiert, aufklärend, provozierend, Stellung beziehend. Ein Film zum Einmischen und zum Haltung zeigen.
Fotos: Ascot Elite
»Was Statistiken nur erfassen, macht ›Kriegerin‹ nun anschaulich. In seinem mehrfach ausgezeichneten Spielfilmdebüt schildert Regisseur David Wnendt ungeschönt das rohe Gebaren einer solchen ›Kameradschaftsaktivistin‹. Vor allem aber zeichnet der Absolvent der Potsdamer Filmhochschule ›Konrad Wolf‹ mit aufklärerischem Impetus den Ausstieg dieses militanten ›Mädels‹ aus der rechtsextremen Terrorszene nach – und porträtiert damit auch das Milieu, in dem die kriminelle Gruppenbildung ihre Wurzeln hat.
Jörg Schöning, Spiegel online Kultur, Hamburg
»›Kriegerin‹ ist impulsiv, provokant und laut, dabei dennoch gefühlvoll und subtil. Man gewinnt Einblicke in ein Milieu, dem man sonst so fern wie möglich bleibt, und bekommt dadurch eine neue, andere Sichtweise darauf. Der Film ermöglicht durch die Nähe zu seinen Figuren, deren Beweggründe und den Ursprung ihres Weltbildes, ihres Hasses und ihrer ungeheuren Gewalt zu verstehen, ohne jedoch eine verteidigende Haltung einzunehmen.«
Ines Ingerle, ray Filmmagazin, Wien
»Wnendt entscheidet sich für den direkten Weg und hält uns die häßliche Realität vor Augen. Er schickt Marisa pöbelnd durch den Zug und hält die Kamera auch dann drauf, als sie und ihre Freunde rohe Gewalt anwenden. Daneben aber zeigt er uns ihre Verletzlichkeit. Er zeichnet ein facettenreiches Porträt von Marisa, die von der wahnsinnig talentierten Alina Levshin grandios verkörpert wird. Marisa ist gleichzeitig Opfer und Täter und erhält genau dadurch Glaubwürdigkeit. Hin- und hergerissen zwischen Abscheu und Empathie, Nähe und Distanz, findet der Zuschauer keine Ruhe.«
Arezou Khoschnam, Schnitt – Filmmagazin, Köln
»Sex – Liebe, Rohheit – Stärke, Gewalt – Mission: Auf diese Begriffspaare lenkt der Film die Aufmerksamkeit; er zeigt die Sprachlosigkeit als Beginn und letzte Manifestation einer Verrohung, die nicht angeboren ist.«
Anke Westphal, Berliner Zeitung
»Es ist vordergründig die Energie, die Wucht dieses Films, was ihn so gut macht: Mit Handkamera wird Gewalt, Erotik, werden körperliche und psychische Konfrontation in einem viralen Rhythmus aneinander gereiht, dem lediglich das erschöpfende Stakkato der rechtsradikalen Bands auf der Audioebene Konkurrenz macht. Eine Energie, der Marisa entkommen möchte, gegen welche sie rebelliert. Ihre Mittel bleiben aber dieselben, die sie ihr ganzes Leben angewandt hat.«
Ciprian David, Negativ, Mainz
»Mehr noch als ihr offenkundiger Wagemut beeindruckt aber, wie klug Levshin diese hochnervöse, kaputte, letztlich verlorene Figur spielt, manchmal fast etwas zu klug für eine Schlägerin. Doch die Grenzen der Fiktion verlaufen dort, wo die menschliche Vorstellungskraft nicht mehr weiterhilft, wo jede Erklärung zu kurz greift. Wo es um das ewige Rätsel geht, warum Menschen unmenschlich werden.«
Dirk Peitz, Die Welt
»Kein Musikstil sei ja automatisch rechts, findet Repka, den Unterschied machten die Texte. Vor allem der Song ›Krawalle und Randale‹ schafft es dank seiner brachialen Energie tatsächlich, den Zuschauer mitzunehmen. Um jede Irritation zu vermeiden, distanzieren sich alle Musiker im Abspann von den rechtsradikalen, volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Inhalten. Johannes Repka hatte sich in seinem Vertrag festschreiben lassen, dass seine Stücke nicht ohne die Filmbilder gezeigt werden dürfen – auf den Extra-Soundtrack zum Film verzichtete er.
Torsten Wahl, Berliner Zeitung