Alles – oder genauer: fünf Emotionen stehen kopf im Kopf der elfjährigen Riley. Freude, Kummer, Angst, Ekel und Wut programmieren von einer Kommandozentrale im Hirn des Mädchens deren Leben, ihren Gefühlshaushalt, ihr Gedächtnis. Von innen blicken sie auf fünf Erinnerungsinseln, die Rileys Persönlichkeit formen: die »Quatschmach-Insel« gehört ebenso dazu wie die »Eishockey«-, die »Freundschafts«- und die »Familien-Insel«. Bisher war alles eitel Sonnenschein, konnte ›Freude‹ eine Menge optimistisch-gelber Erinnerungskugeln abspeichern. Doch nun, nach dem Familienumzug aus der Provinz in die Großstadt, ist alles anders. Für Riley gibt’s anscheinend keinen Grund mehr, glücklich zu sein. Pessimistisch-blaue Kummer-Kugeln rollen ins Gefühlsdepot; die ewig schwermütige »Kummer« setzt eine verhängnisvolle Entwicklung in Gang: Kern-Erinnerungen werden gelöscht, nach und nach stürzen die »Erinnerungs-Inseln« ein. Der »Alles-wird-gut!«-Zweckoptimismus von Rileys Mutter läuft ins Leere. Rettung tut not!
Wie die Emotionen zusammenspielen, um Rileys Gefühle wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, ist atemberaubend animiert, zum Kugeln komisch und emotional ernst. Großes Gefühls-Kino zum Staunen und Denken! Und wer emotionsgeladen bis zum Ende des Abspanns durchhält, bekommt diesen wunderbaren Satz zu lesen: »This film is dedicated to our kids. Please don't grow up. Ever.«
Fotos: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
»Neurologen, Psychologen und Emotionsforscher wurden für die Geschichte von ›Alles steht Kopf‹ konsultiert, das Spektrum aller Emotionen wurde zur besseren Übersicht auf fünf reduziert. Ob jeder Drehbucheinfall ein wissenschaftliches Pendant hat, ist angesichts der Fülle wunderbarer Ideen gar nicht ausschlaggebend, denn durch die Übertragung des Gefühlschaos auf zwei erzählerische Ebenen – innerhalb und außerhalb Rileys, wie der Originaltitel ›Inside Out‹ es besser beschreibt – schafft es der Film, ohne Rührseligkeit zu bewegen.«
Toby Ashraf, taz, Berlin
»Die wahren Stars in ›Alles steht Kopf‹ sind also die inneren Stimmen der Charaktere, die sich in eigenständige Figuren verwandeln. So macht die Geschichte unsichtbare Vorgänge sichtbar und schlägt daraus derartige erzählerische Funken, das Minuten nach Beginn des Films, bildlich gesprochen, der gesamte Kinosaal in Flammen steht.«
Oliver Kaever, Der Spiegel, Hamburg
»Fast noch beeindruckender als die Figuren sind aber die Bilder, die das Team um Pete Docter für die Visualisierung abstrakter Vorgänge gefunden hat. Die völlige Freiheit des Entwerfens wurde zu einem Weltbild des Inneren genutzt, das in seiner Fantasie und seinem Detailreichtum über das, was man in den meisten Science-Fiction-Filmen vom Outer Space zu sehen bekommt, weit hinausgeht. Das menschliche Gehirn wird hier zu einem organischen Universum.«
Jörg Wunder, Der Tagesspiegel, Berlin
»Und welch herrliche Bildgebungsverfahren haben die Macher für so komplexe Funktionen wie das Langzeitgedächtnis, das abstrakte Denken, das Unterbewusstsein, das Träumen oder die Fantasie gefunden, die Freude und Kummer auf ihrer Reise zurück ins Hauptquartier durchqueren! Oder für das kubistisch abstrakte (nicht mehr figurative) Denken oder das unheimliche Unterbewusstsein, in dem die Troublemaker hausen.«
Katja Lüthge, Berliner Zeitung
»›Alles steht Kopf‹ hat die kulturellen Insider-Anspielungen für Erwachsene, den Einblick in die eigene Gefühlswelt für Heranwachsende und Komischer-Kauz-Figuren zum Entzücken kleiner Kinder. Der Film hat aber auch eine Botschaft, die man aus dem Land des ewigen Optimismus und der permanenten Selbstverbesserung nie erwartet hätte. Die Freude lernt im Verlauf des Films, dass auch die Traurigkeit gebraucht wird. Verwirrung darf sein. Kummer muss durchlebt werden. Tränen sind okay. Ein reiner Freud, eine reine Freud’.«
Hanns-Georg Rodek, Die Welt, Berlin
»Bei allem Ernst ist dieser Film stets außerdem komisch, man lacht und weint die gleichen Tränen: Eine Erfahrung, wie man sie sonst mit Chaplins ›Moderne Zeiten‹ oder Billy Wilders ›Das Apartment‹ verbindet. Nur sehr wenige Filme haben das seither geschafft. Dreimal habe ich ihn bereits gesehen, und immer steckte etwas Neues darin […] Bei der Premiere in Cannes debattierten die Kritiker vor allem darüber, ob Kinder diesen Film verstehen – aber genau das beantwortet Regisseur Pete Docter schon in seinem meisterhaften Drehbuch über das Erwachsenwerden: Vielleicht nicht heute, aber spätestens in ein paar Jahren. Dieser Film bleibt im Kopf.«
Daniel Kothenschulte, Frankfurter Rundschau
»Die Krise des Individuums, das zu Beginn nie Herr im eigenen Hause und im eigenen Mikrokosmos sein darf, ist das große Überthema aller Pixarfilme. Von der kochenden Gourmet-Ratte Rémy in ›Ratatouille‹ über den herzzerreißend einsamen Roboter ›Wall-E‹ bis zur wildgelockten schottischen Kämpferin ›Merida‹ erzählen diese Filme wilde Emanzipationsgeschichten der Selbstverwirklichung. Jene Heldenreisen also, aus denen alle großen Kinoträume gewoben sind. Welche Wirkmechanismen dabei am Werk sein könnten, das erforscht ›Alles steht kopf‹, der im Original noch treffender ›Inside Out‹ heißt, nicht mehr von außen, sondern von innen.«
David Steinitz, Süddeutsche Zeitung, München