Goya

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Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

Goya –
oder der arge Weg der Erkenntnis

DDR/Sowjetunion 1971 / Spielfilm / 8.-12. Jahrgangsstufe

Inhalt

»Deine Bilder sind Schinken«, muss Goya sich von seinem respektlosen Assistenten vorwerfen lassen. »Aber Schinken mit Talent!« Und weil er begabter lüge als die anderen, sei er eben auch gefährlicher als alle anderen. Doch hat Goya denn gelogen, als er den Monarchen samt Familie zum Gruppenbild arrangierte, Licht und Farben nach seinen Vorstellungen bestimmte? Ist vielleicht im Porträt ein tieferer Sinn, eine tiefere Wahrheit verborgen? Im ersten Moment scheint Karl IV. vom künstlerischen Ergebnis nicht amüsiert. Erst nach dem Lob der Königin: »Das haben Sie gut gemacht, Don Francisco. Das ist ein gutes und wahres Werk!«, schwenkt er auf Begeisterung um, ernennt den Künstler zum 1. Hofmaler Seiner Majestät. Von nun an darf Goya, wie ein Grande, vor dem Herrscher den Hut auf dem Kopfe behalten. Was für eine Karriere, die den Sohn eines Vergolders aus der nordspanischen Provinz in die Hauptstadt und an den Bourbonen-Hof führte. Mit den Mächtigen von Kirche und Staat hat er sich arrangiert, allen Reizen und allem Ruhm scheint er erlegen. Doch die Zeiten brodeln, reale und fiktive Dämonen ändern Mensch und Maler, Leben und Werk. »Ungeheuer werden immer dort geboren, wo die Vernunft schläft.« So beschreibt er der Mutter, was ihn an- und umtreibt. Am Ende schlägt der Großinquisitor das Kreuz und verkündet sein Verdikt: »Er sei verflucht und vergessen in Ewigkeit!«

Ein bildgewaltiger Erkenntnisweg, die Widersprüche der Wahrheit. Die Konfrontationen und Kollisionen des Künstlers mit der Macht: damals wie heute. Als der Film entstand, wurden in der DDR Filme und Theaterstücke, Bücher und Bilder verboten. Dialektik der Aufklärung!

Fotos: DEFA-Stiftung / DEFA-Arkadi Sager


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»Es bleibt die Frage, ob der Stil des Films und seine Farbgebung das Publikum auf neue Weise mit dem Werk Goyas bekanntmachen. Dazu Konrad Wolf: ›Ich glaube sagen zu können – ohne jemandem zu nahe treten zu wollen –, daß der Film überhaupt erst einmal breitere Schichten des Publikums mit dem Werk Goyas bekannt macht. Das scheint mir sehr wichtig, weil das Werk Goyas wirklich sehenswert ist und gewaltig in seiner emotional-gedanklichen Ausstrahlung. Ob auch auf eine neue Art? Im dramaturgischen Sinne: Ja. Doch darüber wird man erst sprechen können, wenn der Film fertig ist. Was die farbliche Seite anbelangt, so glaube ich, auch das bejahen zu können. Wir verwenden in unserem Film bewußt die Dramaturgie von Goyas Farbgemälden bis hin zu den Schwarz-Weiß-Zeichnungen seiner graphischen Zyklen.«
Der Regisseur Konrad Wolf im Gespräch mit Wolfgang Noa während der DreharbeitenBerliner Zeitung, Ost-Berlin (1970)

»Es steht außer Frage, hier ist ein großer Versuch gewagt worden, filmische Attraktivität mit tiefschürfender Problematik in Einklang zu bringen, Publikumswirksamkeit zu erzwingen, ohne das humanistische Ziel aus den Augen zu verlieren, ohne die philosophischen Fragestellungen und Antworten zu versimpeln. Wahrscheinlich das größte Unternehmen in der Geschichte des DEFA-Films. Hier künstlerische Konzeptionen einmal realisiert zu haben, Markierungen gesetzt zu haben, einen Film geschaffen zu haben, über den gesprochen wird und über den sich das Gespräch lohnt, darf man wohl als das wichtigste Ergebnis der Arbeit des Regisseurs Konrad Wolf, des Autors Angel Wagenstein (Bulgarien) und der Kameraleute Werner Bergmann und Konstantin Ryshow (UdSSR) betrachten.« 
Günther Sobe, Berliner Zeitung, Ost-Berlin (1971)

»Der ›Goya‹-Film nimmt in der Filmproduktion der DDR wie der sozialistischen Länder einen besonderen Platz ein, nicht nur wegen seiner geistigen und ästhetischen Qualitäten, sondern aus zwei weiteren Gründen. Er zielt darauf, dem Auseinanderklaffen von Kunstwert und Massenwirkung, das unsere Produktion und unser Programm belastet, entgegenzuwirken durch einen Stoff, der den so oft mit Flachheit und Buntheit erkauften Schauwert in den Dienst eines philosophischen und ästhetischen Anspruchs stellt. Mir scheint, daß hier die technischen Möglichkeiten des großformatigen Films, des modernen Farbmaterials überzeugend genutzt wurden und deren Eignung für Filmkunst bewiesen ist.«
Peter Ahrens (d.i. Klaus Wischnewski), Die Weltbühne, Ost-Berlin (1971)

»Dann war da noch Carmela, eine spanische Künstlerin, Emigrantin, in der Rolle der Volkssängerin Maria Rosario. In ihren Liedern lebt das spanische Volk mit seiner Sehnsucht nach Freiheit, nach Beseitigung von Dunkelmännertum und Ignoranz. Es ist eine der eindrucksvollsten und erschütterndsten Szenen des Films, wie diese schmale, zierliche Frau der Inquisition ihr ›Nichtschuldig‹ entgegenschleudert. ›Goya‹ ist ein bekenntnishafter Film, so wie es der Roman Feuchtwangers auch war. Das verleiht ihm künstlerische Größe. Philosophische Tiefe, individuelle Farben und seine Zeitbezogenheit lassen ihn zum Erlebnis werden. Es ist ein Film vom schweren Weg des Menschen zum Glück.« 
Horst Knietzsch, Neues Deutschland, Ost-Berlin (1971) 

»›Goya‹ ist ein Film der großen Dimensionen. Sowohl was seine optische Attraktivität als auch was seine inhaltliche Bedeutung angeht. Es heißt, daß eine heute in der internationalen Filmkunst wirkende Tendenz darin bestehe, Massenwirksamkeit und Kunstanspruch zu vereinen. ›Goya‹ ließe sich als Beispiel dafür verstehen.« Helmut Ullrich, Neue Zeit, Ost-Berlin (1971)

»Den Maler spielt der Litauer Donatas Banionis, ein sinnenfroher Berserker, der dröhnend lacht, wenn ihm vital ist, und wenn Dämonen seiner lauern, dann schmettert er Beleuchtungskörper wider fratzenhaft gleißende Spiegel. Er malt, neben der vertrottelten königlichen Familie und den Schrecken des Krieges, auch seine adlige Geliebte – nackt, obgleich dies ›in Spanien verboten ist‹ (Dialog). Der Film zeigt das Bildnis, die ›Nackte Maja‹, ganz unverhüllt, das lebende Modell allerdings nur sehr, sehr verschwommen. Nach drei Stunden opernhaft kulinarischem Kino, nach Flamencos, Zeremoniellen und Prozessionen sitzen die Helden grau und müd am schweren Tisch. Auch den Betrachter beschleicht das Gefühl, um Jahre gealtert zu sein.« Der Spiegel, Hamburg (1973)

»In seiner Ausgangsposition erinnert GOYA an Andrej Rubljow (von Andrej Tarkowski. 1966/69) – insofern beide Filme anhand historischer Künstlerfiguren Fragen des zeitgenössischen künstlerischen Schaffens diskutieren. Die Szenen mit dem Großinquisitor sind brillant inszeniertes, dialektisches Kino von brechtschem Format; der Film plädiert insgesamt für die Freiheit der Kunst von staatlicher Bevormundung.« 
Ulrich Gregor in: Film in der DDR, Hanser Verlag, München, Wien 1977 

»Was an dem Film so fasziniert, ist die Dichte der Atmosphäre. Man wähnt sich tatsächlich in einem spanischen Film. Der dialektisch ironische Blick auf die Rituale der Macht hat die Qualitäten eines Luis Buñuel, die glutvoll leidenschaftliche Szenerie der nächtlichen Tavernen erinnert an Carlos Saura, die lärmenden Prozessionen vermitteln südländische Begeisterung unterlegt mit wildem Wahn und bedrohlicher Dämonie.«
In: Der geteilte Himmel. Höhepunkte des DEFA-Kinos 1946-1992. Filmarchiv Austria, Redaktion Helmut Pflügl, Wien 2001 

»Goya steht in der Kunstgeschichte für die Entdeckung des flirrenden Graus in seinen auch heute noch beeindruckenden Zeichnungen, die ihm zur Neubewertung von Farbe und Licht verhalf. Aber auch Stierkämpfe und das Werben um die Geliebte regten die Phantasie des Malers an – ebenso wie die Schrecken der Inquisition und des Krieges […] Wolf interessierte an Goya dessen Leiden an dem widersprüchlichen Verhältnis zwischen Künstler und Macht. Goya stand seinerzeit zwischen den Ideen der französischer Revolution von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit einerseits und spanischer feudaler Rückwärtsgewandtheit andererseits. Neben der inhaltlich sorgsamen Darstellung dieses komplexen Themas besticht dieser Film vor allem durch seine opulenten Bilder. Goya ist ohne Zweifel auch ein Kostümfilm. Und die Brillanz der Bilder ist der Kunstfertigkeit des Malers Goya durchaus angemessen.« 

Gaston Kirsche, taz, Berlin (2005)

»Banionis deserves a lot of credit for portraying not only a deaf man, but a man going deaf, an artist coming to terms with his deafness just as his culture becomes increasingly loud. For both actors and artists, eyes are everything, and Banionis is good enough an actor to recognize that any change in Goya’s biology or psychology would be visible in his eyes. At first his gaze, however accommodating of the material world, is almost entirely inward, the look of a libertine with a guilty conscience. Yet as he’s continually drawn out by the Church’s interrogations concerning his work, a new light enters his eyes. The less he hears, the more he sees, is able to see. Ultimately, as Goya’s deafness increases, this gaze is forced outward enough to allow for the empathy required for, and so evident in, the Caprichos and Disasters of War series’, works which, tragically and inevitably, lead to a lot of trouble.« 
Guy Crucianelli, www.popmatters.com, Chicago (2008)

»Meine Stasi-Akten gehen ja bis 1989. Und da gibt es einen Schriftwechsel von Bulgarien nach Berlin und von Berlin nach Bulgarien, wo sie genau registrierten, daß der Jude Wagenstein mit dem Konterrevolutionär Janka diesen Goya-Film macht mit diesen und jenen Absichten. Und daß der Wagenstein immer, wenn er in Berlin war, mit dem Juden [Arthur] Brauner Verkehr pflegte, der zionistische Kongresse besuchte. Und extra Komma Jude Komma hinter diesem Namen. Also das waren nicht nur gewöhnliche Schweine, sondern ausgemachte. Noch dazu waren es Antisemiten – wohlgemerkt mehr als zwanzig Jahre nach Hitler.« 
Walter Janka (Dramaturg des Film), zitiert nach: Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA. Christoph Links Verlag, Berlin 2006

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