»Es gibt eine gewaltige Veränderung hin zum Guten.« Er muss es wissen, reist er doch unermüdlich durch die Welt, trifft Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftslenker, macht laut und stark für das Klima dieser Erde mobil. Al Gore versteht sich als Anwalt und Aktivist, ein ehemaliger US-Vizepräsident, der sich weder von Rückschlägen entmutigen lässt noch von einem US-Präsidenten, der Gore auffordert, er möge seinen Friedensnobelpreis zurückgeben. Den hatte er 2007 bekommen, im Jahr, als seine Dokumentation »Eine unbequeme Wahrheit« mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Die Fortsetzung zeigt Al Gore wieder auf seiner Mission rund um die Welt, von Grönland bis Indien, von den US-Ölfeldern bis zum Pariser Klimagipfel. Mit diesem Höhepunkt sollte der Film eigentlich enden, doch dann wurde in Al Gores Heimat ein neuer Präsident gewählt. Der Kampf geht weiter – für ein Bewusstsein des Klimawandels und gegen die Leugner des Klimawandels.
Ein Film mit starker Botschaft: »Der Anfang ist gemacht, am Ende schreiben wir alle mit!«
Fotos: Paramount Pictures Germany, Unterföhring
»Elf Jahre nach dem Oscar-prämierten Dokumentarfilm ›Eine unbequeme Wahrheit‹ zieht diese Fortsetzung eine doppelte Zwischenbilanz in Sachen Klimaschutz. Wenn der Film den Umweltschützer und Friedensnobelpreisträger Al Gore zu Vorträgen, Verhandlungen und auf Informationsreisen begleitet, geht es nicht nur um Erfolge und Rückschläge seiner Arbeit, sondern man erfährt auch, dass sich viele Prognosen über den schädlichen Klimawandel mittlerweile bewahrheitet haben. Dennoch stimmt der Film zuversichtlich, denn er verweist auf wichtige Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien.«
Bianka Piringer, spielfilm.de, Nierstein
»Auch im Sequel unter der Regie von Bonni Cohen und Jon Shenk ist Gore in Mehrfachfunktion dabei: Als Bühnenpräsentator bei Schulungstreffen des von ihm geleiteten Climate Reality Projects. Als Umweltaktivist, der zu Projekten um den Erdball reist und den Klimagipfel von Paris 2015 mit vorbereitet. Und als Kommentator des Films. Eine weltretterische One-Man-Show also. Man kann bezweifeln, ob Gores Rolle bei der Übereinkunft mit der indischen Delegation um die Gerechtigkeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern nicht – sei es nun der Eitelkeit oder der Dramatik geschuldet – ein wenig übertrieben angelegt ist. An der Substanz des Films ändert das wenig.«
Silvia Hallensleben, epd film, Frankfurt/Main
»Inhaltlich bringt ›Immer noch eine unbequeme Wahrheit: Unsere Zeit läuft‹ nicht viel Neues zum Stand oder den Ursachen des Klimawandels vor, gewährt dafür allerdings Einblicke, was derzeit hinter den Kulissen der Politik geschieht. Zwischen den Clips der Katastrophen, die sich über Monate verteilt in den Nachrichten wiederfinden, stellt Al Gore eine Verbindung her und zeigt Zusammenhänge auf, die man auf Grund der verstrichenen Zeit leicht übersieht. Die Bilder, in denen Menschen buchstäblich um ihr Leben kämpfen, sollten auch diejenigen aufwecken, die bis heute von Wetterphänomenen sprechen, wenn es sich um nicht zu leugnende, globale, klimatische Veränderungen handelt. Den Opfern dieser beinahe täglichen Katastrophen verleiht die Dokumentation ein Gesicht – und eine Stimme.«
Jens Adrian, treffpunkt-kritik.de, München
»Für die Fortsetzung braucht es nun keine Animationen mehr. Die Kamera kann nie zuvor gekannte Überschwemmungen jetzt direkt abgreifen. Neben Harveys Verwüstungen wirken diese Fluten fast schon wieder harmlos. Natürlich sind sie das nicht. Wir sehen Al Gore rastlos auf Tour rund um einen kriselnden Globus, im dahinschmelzenden arktischen Eis, bei Menschen in ärmeren Regionen, die den zum Dauerzustand werdenden Naturkatastrophen noch viel schutzloser ausgeliefert sind als US-Bürger. Wir erleben Gore als Ausbilder, wie er jungen Menschen zu selbstlosen Handelsreisenden seiner Klimaideen machen möchte, und wir bekommen den Netzwerker Gore zu sehen, der beim Pariser Klimagipfel hinter den Kulissen für einen entscheidenden Durchbruch sorgt – zumindest suggeriert das dieser Film.«
Thomas Klingenmaier, Stuttgarter Zeitung
»Nicht so viele Daten und Graphiken wie der Vorgänger zeigt diese Fortsetzung, stattdessen immer wieder Bilder von den zunehmend extremeren Kapriolen, die das Wetter schlägt: Stürme, Überschwemmungen, schmelzende Gletscher, vertrocknete Felder. Wie diese Phänomene auch zu den aktuellen Migrationsströmen beitragen, ist einer der interessantesten Aspekte des Films, der allerdings wie mancher andere nur gestreift wird. Ganz kurz sieht man da etwa Gore mit einem New Yorker Bundesrichter sprechen, der ihm von beginnenden Ermittlungen gegen Produzenten konventioneller Energie berichtet, die ihre Macht offenbar dazu benutzt haben, um die Entwicklung alternativer Energiequellen zu untergraben.« Michael Meyns, programmkino.de, Osnabrück
»Der Al Gore dieses Films ist ein moderner und antiker Unternehmer zugleich: Diese gewichtige, visionäre Renaissance-Figur geht mit neuesten Ideen vorneweg. Ein Heinrich der 8. der postfordistischen Produktion. Egal, mit wem er spricht: Er wirkt mitreißend und überzeugend auf seine Gesprächspartner – wenn sie nicht ohnehin schon auf die richtige Seite gekommen sind. Wie jener specknackige Bürgermeister einer texanischen Stadt, die komplett auf erneuerbare Energien umgestiegen ist. Nicht weil es das Klima schont. Sondern weil es billiger ist. Aber richtige Gesprächspartner sind das nicht, die braucht der Protagonist eigentlich nicht. Denn dieser Film ist ein Monolog. Eine Rede an die Erde, mit uns darauf. Der Filmheld wird sie und uns retten, ganz sicher! Vielleicht werden wir mit der Erde zum Mars fliegen.« Jürgen Kiontke, filmgazette.de, Bielefeld