»Warum bist du immer so wütend?«, fragt die Mutter ihre Tochter. »Hass hat noch keinem genutzt!« Die aus Marokko stammenden Eltern der 18-jährigen Layla haben sich in Amsterdam eine Existenz aufgebaut und eine Heimat gefunden. Layla steht kurz vor dem Abitur, sie wird Medizin studieren. Eine kluge und selbstbewusste junge Frau, leicht verletzlich, schnell aufbrausend, meinungsstark. Ihrem jüngeren Bruder bringt sie Arabisch bei, er kann zwar die Worte aussprechen, versteht aber deren Bedeutung nicht. Ihm sind die muslimischen Wurzeln weit weniger wichtig als der Schwester, ihre islamische Begeisterung will er nicht teilen. Layla erkennt überall Anzeichen von Fremdenhass, engagiert sich bei Protesten gegen ein Burka-Verbot, stellt militante Fotos und Slogans ins Netz. Als sie Abdel kennenlernt, wird ihre Wendung radikal: Sie schmeißt die Prüfungen, heiratet den »Soldaten Allahs«, fährt mit ihm zunächst in ein Dschihadisten-Camp nach Belgien und von dort dann nach Jordanien. Als ihr Mann für einige Tage weg muss, verordnet er seiner jungen Frau Hausarrest – und vor der Tür ihrer Wohnung sitzt ein bewaffneter Wächter. Honigmond sieht anders aus, zumal Layla sehr genaue Vorstellungen hat von weiblicher Identität und Egalität. Mit den Einschränkungen und Verboten will sie sich – wie in den Niederlanden – nicht abfinden. Sie wagt den Ausbruch – mit offenem Ausgang.
Ein harter Weg der Erkenntnis, das starke Porträt einer starken jungen Frau. Laylas Konflikte fordern auch uns heraus!
Fotos: missingFILMs, Berlin
»Die niederländische Regisseurin Mijke de Jong und ihr Drehbuchautor Jan Eilander begeben sich mit ihrem Film auf ein schwieriges Terrain, navigieren behutsam zwischen der Verzweiflung der jungen Frau, der Hilflosigkeit der Eltern, dem Fanatismus der Islamisten und der Beklemmung des Zuschauers – ohne dabei die Beweggründe Laylas wirklich zu ergründen. Vielleicht ist genau das das Beklemmende.« Britta Schmeis, epd film, Frankfurt/Main
»Wer den radikalen Islam bekämpfen will, muss dem liberalen Islam Raum geben, sich zu entwickeln. Der muss ihn als Teil der Gesellschaft akzeptieren. Der darf Muslime nicht unter Generalverdacht stellen, als Störenfriede an den Rand drängen, als Zurückgebliebene brandmarken. Layla findet eine Heimat im Islam, weil ihr die Niederlande keine sein wollen. ›Mein Islam ist nicht politisch‹, sagt hingegen Laylas Bruder und widersteht am Ende ihrer Agitation […] Eindeutig empfehlenswert.«
Gerrit Hoekman, junge welt, Berlin
»de Jong gelingt es, den Weg, den Layla einschlägt, differenziert zu schildern, ihn nicht isoliert zu zeigen, sondern auch als Folge der europäischen Politik, der Anfeindungen durch Bürger, der Schikanen durch die Polizei, der sich Muslime ausgesetzt sehen. Nicht um zu rechtfertigen, sondern um aufzuzeigen, wie schwierig es ist, sich in der modernen westlichen Welt zwischen den Kulturen zurechtzufinden und nicht auf potentiell gefährliche Irrwege zu geraten.« Michael Meyns, programmkino.de, Osnabrück
»Das Drama lebt zu großen Teilen von der raumgreifenden Energie der Hauptdarstellerin Nora El Koussour. Diese bildet eine Brücke über die einzelnen Etappen des Dramas, die sehr exemplarisch und knapp skizziert sind. Es geht dem Film nicht um Lösungen, sondern um Verständnis für das Gefühl jugendlichen Außenseitertums, das einen Menschen auf Abwege leiten kann.«
Bianka Piringer, spielfilm.de, Nierstein
»Der Film, der 2016 von den Niederlanden für den fremdsprachigen Oscar nominiert wurde, gönnt seiner Heldin vor dem Ende neben viel Leid auch einige schöne Momente mit Kindern in einem UNHCR-Camp – und hoffentlich Erkenntnis.« Silvia Hallensleben, taz, Berlin
»Man hätte so viel falsch machen können bei diesem Thema. Die holländische Regisseurin und ihre brillante Hauptdarstellerin schaffen es hingegen, dass man Mitleid mit dieser Layla empfindet und zugleich – ja, tatsächlich! – stolz auf sie ist. Das ist mutiges Kino, aber bei aller Sympathie für ihre Heldin erspart die Regisseurin es Layla nicht, diesen Weg tatsächlich zu gehen.«
Philipp Bovermann, Süddeutsche Zeitung, München
»›Layla M.‹ ist ein Film über die Konsequenzen von Überzeugungen. Am Ende gerät er vielleicht etwas zu pädagogisch, wenn die von der fundamentalistischen Theorie begeisterte junge Muslimin der islamistischen Praxis, also der Gewalt der Gotteskrieger und der Realität der Selbstmordattentäter, nicht standhält. Insgesamt hoffe sie, sagt Mijke de Jong, dass dieser Film die Welt etwas ruhiger werden lässt. Diese Hoffnung wird sich kaum erfüllen. Dazu ist ihr Film zu nah an der komplexen Realität.«
Anke Westphal, Die Zeit, Hamburg