»Der Wald hier kommt weg. Das Dorf kommt weg. Die Schule kommt weg. Alles kommt weg.« Welch Unsinn also, gerade jetzt eine AG »Waldschützer« zu gründen, hält ein Schüler seinem Lehrer vor. Für den15-jährigen Klaus Kambor, genannt ›Kurbel‹, ist die Gegend um sein Lausitzer Heidedorf das Paradies. Hier auf dem See kann er sich treiben lassen, gedankenverloren in die Wolken schauen, sogar einen Elch beobachten. Zugleich ist ›Kurbel‹ zum ersten Mal verliebt. Wie schwer es aber ist, eine gute Beziehung mit einem anderen Menschen zu führen, sieht er tagtäglich an seinen Eltern. Ihr Streit belastet ihn ebenso, wie ihn das Verhalten eines jungen Bauarbeiters enttäuscht, der auswärts Frau und Kind und im Dorf eine Geliebte hat. ›Kurbel‹ muss mit Verwirrung, Trauer und Wut umgehen lernen, während parallel dazu das Dorf in völliger Veränderung ist: Riesige Schaufelradbagger stehen schon vor ›Kurbels‹ Lausitzer ›Paradies‹.
Pubertät und Politik. Film- und Zeitgeschichte – und eine Landschaft im Umbruch, bis heute.
Fotos: DEFA-Stiftung/Christa Köfer, Eckhard Hartkopf
»›... verdammt, ich bin erwachsen‹ von Rolf Losansky, als Kinderfilm gedreht, aber entschieden viel mehr geworden, gehört zu den glücklichsten Produktionen der DEFA in diesem Jahr. Schon die Behutsamkeit, mit der Günter Mehnert die Romanvorlage für den Film adaptierte, notwendige Änderungen vornahm, ohne die Originalität von Novotnys Zeichnung der Wirklichkeit zu beschädigen, verdient Hervorhebung. Peter Süring hat die Landschaft einfühlsam schön fotografiert. Und Rolf Losansky hat durchweg eine glückliche Hand bewiesen bei der Auswahl und Führung seiner Darsteller, allen voran Ralf Schlössers, der den Kurbel spielt. [...] Der Film ist ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger gemacht, er vertraut ganz einer guten, sicher gebauten Geschichte, dem Reichtum an Individualität, den Novotny seinen Figuren gegeben hat. So ist es ein guter Film geworden, der nicht nur die Aufmerksamkeit der jüngeren Zuschauer verdient.«
E. M., Norddeutsche Zeitung, Schwerin (1974)
»Kurbel selbst, seine Freunde und die Erwachsenen befinden sich in charakteristischen Entscheidungssituationen, in denen ihre Ansprüche an die Welt, aber auch ihre Kraft, die Ansprüche zu verwirklichen, sichtbar werden. Indem Kurbel sich an diesen Auseinandersetzungen beteiligt oder sie beobachtet, werden für ihn gleichsam Wegzeichen gesetzt, die, wenn er sie begriffen hat, ihm zur Orientierung dienen können. Hier zeigt sich die moralische Position der Filmemacher. Das Interesse am Menschen besteht nicht nur im Reiz der Begegnung, sondern es geht darum, die Spannweite seiner Gefühle zu erfassen, an Schmerz und Freude nicht vorüberzugehen und, indem man sein Schicksal begreift, die Erfahrungen seines Lebens aufzunehmen […] Das ist ein Film, den man nicht nur den jungen Leuten, sondern auch allen denen, die mit ihnen zu tun haben, Eltern, Lehrern, Erziehern sehr empfehlen kann.« Rolf Richter, Neues Deutschland Berlin (1974)
»Sollten Sie Kinder haben, die auch gerade behaupten: ›Verdammt, ich bin erwachsen ...‹, so scheuen Sie einmal nicht den Weg ins Kino und schauen Sie sich den gleichnamigen DEFA-Film an. Obwohl der Streifen im Abendprogramm lief, war ich zu meinem Erstaunen der einzige Zuschauer über dreißig. Bedauerlich, denn was da über die Leinwand ging, war in gleicher Weise für beide Generationen — Eltern wie Kinder — geeignet. Wer von den Eltern vergessen hat, wie schwierig das Erwachsenwerden ist, dieser Film hilft dem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge!« Otti Krug (Pädagogin), Berliner Zeitung (1974) – BZ-Sprechstunde für Eltern
»So keß-schnodderig wie der Titel vermuten läßt, ist der Film nicht. Eher zurückhaltend, beschaulich, poesievoll. [...] Wenn ich insgesamt das Bemühen verspüre, jungen Menschen nicht nur ins Herz zu schauen, sondern ihnen auch Möglichkeiten eines sauberen (dabei nicht langweiligen) Lebens anzubieten, ihnen begreiflich zu machen, wo jenseits von schicker Mode und schwungvollem Beat, nämlich in der Arbeit, beim Lernen, im Verhältnis der Menschen zueinander, Werte eines sinnvollen Daseins liegen (die Mode und Musik nicht ausschließen), dann muß ich jedoch einschränkend gestehen, daß mich diese Versuche nicht so recht überzeugen konnten. Es gibt eigentlich keine Stelle, wo man aus der stillen Betrachtung des Streifens herausgerissen würde. Es fehlt das Aufwühlende - aber formen nicht erst starke Erlebnisse, ernsthafte Bewährungsproben starke Persönlichkeiten? Der Ruf ›... verdammt, ich bin erwachsen ...‹ wird zu zaghaft, zu brav vorgetragen.«
L.T., Sächsische Zeitung, Dresden (1974)
»Recht gut ist die Mentalität eines Fünfzehnjährigen in diesem Film getroffen. Sehr schön sind auch einige lyrische Stimmungen empfunden. Weniger gelungen erscheint die dramaturgische Verknüpfung der vielen einzelnen Momente, aus denen Kurbels Persönlichkeitsentwicklung sich zusammensetzt; da springt der Film etwas unruhig von einem Motiv zum anderen hin und her, läßt manche allzu schnell wieder verschwinden, während andere, mehr episodisch beiläufige, allzu ausführlich abgehandelt werden. Eine überzeugende Leistung bietet Jürgen Reuter in der Rolle des jungen Bauarbeiters, und ganz prachtig ist wieder einmal Dieter Franke, der vital und mit Witz einen Lehrer so spielt, daß man nur wünschen kann, viele Lehrer möchten so sein.«
Helmut Ullrich, Neue Zeit, Berlin (1974)
»Dies ist ein Film, der seinen Schöpfern und auch dem Verfasser der literarischen Vorlage großartig gefällt. Daß er keine straffe, spannend gestaltete Fabel enthält, stört sie nicht, obwohl gerade Zwölf- bis Sechzehnjährige, an die als Publikum gedacht wurde, dergleichen schätzen. Im ersten Drittel gerät der fünfzehnjährige Held Kurbel (Ralf Schlösser) in eine prekäre Situation ..., doch die dramatische Konstellation wird nicht genutzt, die Folgen der Tat, vor allem die psychologischen Konsequenzen, verläppern gemächlich im Lausitzer Heidesand. Alles, was mit Kurbel und um ihn herum geschieht, wird mit der Langatmigkeit von Tagebuchaufzeichnungen erzählt, bis sich gegen Schluß die Ereignisse noch einmal überstürzen. Der Film hat eine überlange Besetzungsliste, trotzdem konnten nur zwei Schauspieler der Typisierung entrinnen und ihre Rolle mit wirklichem Leben erfüllen: Dieter Franke und Jutta Wachowiak.« Renate Holland-Moritz, Eulenspiegel, Berlin (1974)