Vorspiel

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Vorspiel

DDR 1987 / Spielfilm / 92 Minuten / 8.-10. Jahrgangsstufe

Inhalt

»Das ist mir alles zu miefig und verlogen hier«, hatte Corinnas Vater einst gesagt, als er die Kleinstadt an der Elbe hinter sich ließ. Nun ist er wieder da, als Museumsdirektor, mit seiner 17-jährigen Tochter aus Berlin hierher gezogen. Viel scheint sich nicht geändert zu haben in dem Provinznest. Obwohl es die DDR schon fast 40 Jahre gibt, sieht alles absolut anachronistisch aus: ein Sanierungsfall. Noch immer trifft sich die Jugend im maroden Kino oder pöbelt ein wenig vor dem Kulturhaus rum. Nun aber kommt aus der Hauptstadt mit der Neuen und Schönen etwas Wind in die Flaute. Tom schwindelt sich in Corinnas und ihres Vaters Nähe, nimmt bei Major – im ausgeweideten Trabi – Nachhilfe in Verführungskunst und tut so, als wolle er, wie die Angebetete, zur Schauspielschule. Zu zweit bereiten sie sich aufs Vorspiel vor, proben Gefühle mit herzergreifenden Dialogen – nicht aus »Romeo und Julia«, sondern dem »Käthchen von Heilbronn«. Tom ist wohl das größere Talent – und merkt fast zu spät, dass er ›die Richtige‹ in seiner Nähe viel zu lange übersehen hat. Der Saal, in dem sie die Szene proben, ist übrigens in einem FILMERNST-Partnerkino: im »Haveltorkino« in Rathenow, seinerzeit das sozialistische »Aktivist«.

Wiederentdeckt: Die Zeit und das Land sind von gestern, aber die Liebe könnte von heute sein.

Fotos: DEFA-Stiftung, Berlin / Klaus Goldmann

Themen

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Fächer

Deutsch   |  Geschichte   |  Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde   |  Kunst   |  Darstellendes Spiel   |  Darstellen und Gestalten

»Eine ›coming of age‹-Komödie aus der späten DDR. Vor allem die Außenaufnahmen (zum Teil auch in Rathenow entstanden) sind ein bedeutendes Zeugnis dafür, wie die DDR gegen Ende ihres vierten Jahrzehnts ausgesehen hat – schwer sanierungsbedürftig. Zum Genre gehört, dass der adoleszente Held die ›Richtige‹ übersieht, weil sie ihm zu nahe steht: diese Rolle fiel damals Antje Straßburger zu, von der es im deutschen Kino danach nur wenige Spuren gibt. Das hat sie mit Susanne Hoss, der Darstellerin der Corinna, gemeinsam.«
Bert Rebhandl, Filme und Folgen, bro198.net (2019)

»Standardsituationen der Liebe sind das, was der Film durchspielt. Das Drehbuch von Thomas Knauf ist mal deutlich, mal zart, der Titel des Films bewusst doppeldeutig: Um Sex geht es auch, keine Frage. Aber es geht auch und vor allem um die Phase des Lebens, in der sich Dinge entscheiden bei gleichzeitig größter Unsicherheit. Erste Liebe, Aufbruch, aber auch Abschied von Herkunft und Jugend […] Die Melancholie der späten DDR liegt über dem Film. Mit dem Sozialismus als Versprechen ist es vorbei, von den Frustrationen, die das real existierende Leben an allen Ecken und Enden bereithält, ist in einem längeren Monolog sehr ausdrücklich die Rede. Es werden aufs Vorspiel vor allem Enttäuschungen folgen.«
Ekkehard Knörer, taz, Berlin (2020)
 
»Aber wie Peter Kahane von den Verwirrungen der Liebe erzählt, das ist sehr heutig- und zeugt von realistischem Sinn für den Alltag junger Leute in unserem Lande. Das macht offensichtlich auch ganz wesentlich den Erfolg des Films bei den Zuschauern aus. Selbst in der nicht ausverkauften Vorstellung, in die ich geraten war, folgte das überwiegend jugendliche Publikum der Handlung mit spürbarer Anteilnahme und auch heiterer Zustimmung, wenn dramatische Zuspitzungen ihre komischen Brechungen erfuhren. Das hat mit dem zu tun, was erzählt wird, ist aber auch ganz wesentlich vom ›Wie‹ geprägt.«
Horst Knietzsch, Neues Deutschland, Berlin/Ost (1987)

»Auseinandersetzung mit Kunst — die direkteste führt immer der Zuschauer. Seine Haltung führt zu Ablehnung oder zur Annahme eines Kunstwerks, auch im Kino. ›Ich glaube‹, sagt Kahane, ›Kunst, demzufolge auch Film, muß stets bei den Zuschauern um Vertrauen ringen. Besucherrückgang erklärt sich auch daraus, daß wir mit unseren Filmen nicht direkt genug auf Konflikte der Zeit in den Formen der Zeit eingehen. Man muß wirkliche Probleme in einer Form ansprechen. wie es heutige Zuschauer erwarten. Das freilich ist keine leichte Kunst«.«
Hannes Schmidt, Berliner Zeitung, Berlin/Ost (1987)

»›Vorspiel‹ beginnt außerordentlich zügig; das Tempo verlangsamt sich bei Toms und Corinnas Szenenproben im alten Kinosaal; da tritt der Film öfter auf der Stelle. Nach diesen dramaturgischen Durststrecken aber hat Peter Kahane gemeinsam mit seinem Kameramann Andreas Köfer hervorragende filmische Auflösungen von Schlüsselsequenzen gefunden: Eine so poetische, dezente Liebesszene wie die zwischen Tom und Corinna – gleichsam in Etappen fotografiert, mit langen Überblendungen – sah ich bei der DEFA selten.«
Ralf Schenk, Berliner Zeitung, Berlin/Ost (1987)

»Das ›Vorspiel‹, das der Filmtitel meint, ist nicht nur das Vorspiel fürs Theater, es ist auch ein Vorspiel zum Leben, und dass es ganz spielerisch vorgeführt wird, macht die besondere Qualität des Films aus. Kahane erzählt seine Geschichte oft nur in Bildern und Tönen, ohne Sprache, zart und sinnlich, belässt vieles in Andeutungen, setzt genau intelligente ironische Pointen, bringt einem zum Lachen und Weinen. Den Cineasten merkt man am Zitieren alter DEFA-Filme und daran, dass verschiedene Szenen in einem Kino spielen mit dem an DDR-Vergangenheit erinnernden schönen Namen ›Aktivist‹. Zu seiner jüdischen Herkunft bekennt sich der Regisseur, wenn er die Kamera einmal ganz kurz an einer alten Synagogenmauer mit zwei Davidsternen entlang fahren lässt. Mit lauter neuen jungen Gesichtern auf der Leinwand fand er eine ideale Besetzung. ›Vorspiel‹: einer der gelungensten DEFA-Filme seit langem. Man sollte ihn bei uns bald nachspielen.«
Heinz Kersten, Der Tagesspiegel, Berlin/West (1988)

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