»Es ist besser, nicht zu sehr an jemandem zu hängen«, gibt Sam reichlich altklug zu bedenken. Der Zehnjährige driftet gern mal ins Philosophische ab, fragt sich, ob dem letzten Dinosaurier wohl bewusst war, dass mit ihm seine Art ausstirbt. Möchte wissen, wie es ihm selbst dereinst ergehen wird, wenn er als Jüngster der Familie alle überlebt und verlassen zurückbleibt. Um das zu ergründen, fängt er schon mal an, sich im Alleinsein zu üben. Nicht ganz einfach, wenn man mit den Eltern und dem größeren Bruder in Urlaub fährt. Doch Sam hebt am Inselstrand eine Grube aus, um mit dem Blick in den blauen Himmel vom Unendlichen zu träumen. Pech nur, dass der Bruder wenig später in genau dieses Loch stürzt und sich den Knöchel bricht. Auf dem Weg zum Arzt begegnet Sam einem Mädchen, das noch seltsamer, aber auch um einiges lebhafter und forscher ist als er. Die impulsive Tess braucht den schüchternen Sam zunächst nur zum Salsa-Tanzen, weiht ihn dann aber in einen Plan ein, der zu ihren familiären Wurzeln führt. Statt selbstgewählter Isolation gibt's jede Menge Kommunikation, statt Rückzug in die Einsamkeit das soziale Leben mit all seinen Irrungen und Wirrungen.
Vielleicht keine erholsame, aber dafür eine unvergesslich aufregende Ferienwoche mit Tess. Ein Film für die Insel!
Fotos: farbfilm verleih, Berlin
»Für seinen Debütspielfilm hat sich Steven Wouterlood, ein Absolvent der Kunsthochschule Utrecht, den 2013 erschienenen Roman der erfolgreichen niederländischen Kinderbuchautorin Anna Woltz zur Vorlage genommen und ihn so unterhaltsam wie ansprechend in Szene gesetzt. Dabei ist ihm die schwierige Gratwanderung zwischen unbeschwerten Bildern einer ersten unschuldigen Liebe vor der Kulisse eines Sommerurlaubs am Meer mit fast menschenleeren Dünen und Stränden und den in die Tiefe gehenden Problemen der beiden gut besetzten jungen Hauptfiguren insgesamt stimmig und gut gelungen.« Holger Twele, Deutsches Kinder- und Jugendfilmzentrum, Remscheid
»Aus den Niederlanden kommen eh schon immer wieder ganz herausragende Kinderfilme, und Steven Wouterloods ›Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess‹ schreibt sich sehr leichtfüßig in diese inoffizielle Tradition ein […] Es ist eine Freude, dabei zuzusehen, wie ernst Wouterlood seine Titelheldin nimmt, mit ihren Sorgen und Überreaktionen, wie gelassen er bei seinen kindlichen, fast schon jugendlichen Figuren eigenen Willen, eigene Gründe und eigene Charaktere zulässt – das ist alles weder bemüht noch verdruckst und weniger noch, nämlich gar nicht, werden die Figuren für Pointen gemolken.«
Rochus Wolff, kino-zeit.de, Mannheim
»Da gibt es viele Möglichkeiten auf dieser Welt, sein Glück zu finden. Viele Wege, die aus dem Alleinsein führen und an deren Ende etwas ganz Spannendes warten kann. Es braucht nur ein wenig Offenheit, ein wenig Mut vielleicht auch. Am Ende kommt es sowieso ganz anders, egal ob man sich nun vorbereitet und Löcher buddelt oder nicht. Ob man ewig an Plänen schmiedet oder das Ganze auf sich zukommen lässt. ›Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess‹, das auf der Berlinale 2019 Premiere hatte, ist dann auch ein sehr lebensbejahender Ausflug in die Kindheit. Zwischendurch darf man durchaus stolpern, so führt der Film vor Augen. Der Weg geht trotzdem weiter.«
Oliver Armknecht, film-rezensionen.de, München
»Die Handlung entwickelt sich aus den Ecken und Kanten zweier selbstbewusster Kinder, die gerade wegen ihrer je eigenen ›Seltsamkeit‹ auch mal heftig aneinander geraten. Der Film verzichtet dabei auf die üblichen Spannungsstereotypen und verschafft sich Raum, kindliche Fantasiewelten genauso ernst zu nehmen wie handfeste lebenspraktische Probleme. Mit seinem Humor und der liebevollen Charakterzeichnung gleicht er aus, was ihm an fremdgesteuerter Action fehlen mag.«
Peter Gutting, cinetastic.de, Hamburg
»Während Josephine Arendsen lässig, cool und sehr überzeugend die kapriziöse und manchmal ziemlich nervige Göre mimt, ist Sonny Coops Van Utteren als Sam ein zurückhaltender, etwas ungelenker Begleiter, der in ihrer Gegenwart kaum zu Worte kommt – sie überfährt ihn gleichsam mit ihrem Temperament und mit ihren erfundenen Geschichten. Langsam finden beide zueinander und zu einer gemeinsamen Grundlage und damit auch zu einem guten Ende für alle und alles. Das ist dann sehr familienfreundlich und kinderkompatibel, angemessen lustig und flott gespielt: eine insgesamt hübsch verpackte Geschichte übers Erwachsenwerden und den Wert gemeinsamer Erinnerungen.«
Gaby Sikorski, programmkino.de, Berlin