»We want to go Disney. One ticket please!« Diese beiden Sätze sollen sie sprechen lernen und ebenso das Alphabet auf Englisch. Dann, so verspricht die Mutter ihren beiden Söhnen, werden sie Disneyland besuchen. Gerade sind sie von Mexiko in die USA gekommen, illegal, und haben in Albuquerque eine Bleibe gefunden. Für 500 Dollar pro Monat, eine Bruchbude, vermietet von Herrn und Frau Chang. Zwei Jobs reichen gerade mal aus für Miete und Essen, von früh bis spät ist Lucía außer Haus. Der achtjährige Max und sein jüngerer Bruder Leo bleiben allein zurück. Sieben Grundregeln hat ihnen die Mutter auf einen Kassettenrekorder gesprochen. Regel Nr. 1: Niemals die Wohnung verlassen! Die Kinder mühen sich, die endlos langen Stunden mit Spielen und ohne Streit rumzukriegen. Eines Morgens wecken sie Lucía: Sie haben gelernt, was ihnen aufgetragen war und sind bereit für Disney! Die Mutter jedoch kann ihr Versprechen nicht einlösen, hat eine ihrer Regeln gebrochen. Max und Leo sind enttäuscht – und bald öffnen sie die Tür nach draußen. Die Welt hier ist ihnen fremd und nicht ohne Gefahren, aber das alte chinesische Ehepaar nimmt sich ihrer an. An Halloween ziehen sie miteinander um die Häuser. Am Ende geht’s für Max, Leo und die Mutter zwar nicht zu Disney, aber ein kleiner Rummel reicht für ihr Glück und Regel Nr. 5: Nach jedem Streit eine Umarmung!
Zwei kleine Ninja-Wölfe in einem großen Film: warmherzig und voller Würde.
Bilder: Steppenwolf /Wolf Kino, Berlin
»Für die Mehrheit aller Immigranten sind die USA alles andere als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern stellen ein Leben in einem schäbigen Apartment und das Abrackern in zwei oder drei unterbezahlten Jobs dar. Der Film will aber nicht die Einwanderungspolitik der USA kritisieren. ›Los Lobos‹ ist die Erinnerung an eine schwierige Kindheit, aber der Film fühlt sich wie ein Akt der Dankbarkeit an: Für die Mutter, die ihr Leben für ihre Söhne geopfert hat und die Mitmenschen, die seine Kindheit geprägt haben. Es ist ein sensibler Film, voller Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Situation, in der sich seine Figuren befinden. Schicksale, wie sie sich so oder ähnlich in den USA jeden Tag ereignen.«
Gaby Tscharner, cineman.ch, Zürich
»Einfach und klein gehalten ist die Geschichte. Wie Hirokazu Kore-eda im teilweise verwandten ›Nobody Knows‹ verzichtet Kishi Leopo auf Dramatisierung und beschränkt sich auf Alltägliches. Weitgehend kommt er dabei mit drei SchauspielerInnen aus, doch durch den genauen und empathischen Blick auf seine ProtagonistInnen und sein Gespür für die Nebenfiguren und das Milieu gelingt dem 37-Jährigen ein atmosphärisch dichtes und bewegendes Porträt eines Lebens am Rande der Glücksversprechungen der US-amerikanischen Gesellschaft. Prägnante Bilder für diesen Widerspruch findet Kishi Leopo nicht nur in der Kontrastierung von Disneyland und Lebensrealität, sondern auch wenn zwischen den riesigen Gängen einer Lagerhalle im Hintergrund markant die US-Flagge hängt.«
Walter Gasperi, film-netz.com, Lauterach
»Die Qualitäten dieses vordergründig alltäglichen, hintergründig berührenden Dramas liegen wohl in des Regisseurs Liebe zum Detail, den Beobachtungen kleinster Regungen und Bewegungen, vor allem der Interaktionen zwischen Max, Leo und Lucía sowie zwischen den Immigranten aus den verschiedenen Nationen, der Botschaften der Sprachlosigkeit in Spanisch, Englisch und Kantonesisch und so weiter, welche die Story mit Obertönen begleitet – sowie das Warten und Schauen und immer wieder Warten und Schauen. Nirgends gibt es in ›Los Lobos‹ etwas äusserlich Sensationelles, Action im Sinn eines Krimis – dafür aber in den nie vorhersehbaren Sequenzen immer wieder sensationelle Szenen des Alltags, Aktionen der Innerlichkeit. Bei seinen Recherchen stiess der Regisseur auf Valerie Luisellis Buch ›Das Archiv der verlorenen Kinder‹ und stellt mit ihr zusammen fest, dass wir auf die eine oder andere Weise alle Migranten sind: eine Aussage, der nachzugehen sich lohnen dürfte.«
Hanspeter Stalder, der-andere-film.ch, Berikon
»Leopo arbeitet im Film auch mit ›dokumentarischen‹ Mitteln, die er in seine autobiographische Fiktion einarbeitet. Neben den Kindern sind dies das asiatische Paar Mr. und Mrs. Chan, die im Wohnkomplex in der Nachbarschaft wohnen und ungeachtet ihrer freundlichen Art gleichzeitig auch die ausbeuterischen und zunächst gleichgültigen Vermieter in der Geschichte sind […] Die Chans brauchen eine gewisse Zeit, aber zum Ende des Films hin sind sie einem fast so ans Herz gewachsen wie die beiden Jungs. Und gleichzeitig stehen sie noch exemplarisch für die von Migranten durchwachsene Bevölkerung von Albuquerque.«
Thomas Vorwerk, satt.org, Berlin
»Die Vorstellung von zwei Kindern, die in einem Zimmer eingesperrt sind und Tag für Tag Regeln befolgen müssen, hat fast etwas Märchenhaftes. Und Leopos Bild greift dieses Element auf - die Jungen vertreiben sich die langen Stunden damit, für ihre imaginären Alter Egos, die ›Ninja-Wölfe‹, Abenteuer zu erfinden, die in animierten Segmenten ausgeführt werden. Ihre Vorgeschichte ist ebenfalls in die Fantasie eingewoben: Der Vater, an den sich die Jungen kaum noch erinnern können, ist laut einem zufällig mitgehörten Gespräch ›mit einer Glühbirne verschwunden‹. Die Kinder stellen sich eine magische Alternativwelt vor, die sie durch eine Glühbirne betreten. Die Wahrheit, so stellen wir fest, ist eher deprimierend prosaisch.«
Wendy Ide, screendaily.com, Peterborough. Übersetzt mit DeepL Translator
»Wenn Alfonso Cuaróns ›Roma‹ die rückwirkende Hommage und Entschuldigung eines Erwachsenen an eine Bezugsperson war, die er als Kind unterschätzt hatte, so ist ›Los Lobos‹ etwas Ähnliches, wenn auch in weit weniger extravagantem Umfang. Leopo, der vielleicht zu Recht einen gewissen Groll gegen die Herausforderungen und Entbehrungen seines frühen Lebens hegt, strotzt stattdessen vor Empathie und menschlichem Verständnis für die unmöglichen Dilemmata von Lucias Situation. Wenn sich die Geschichte sanft in optimistische, aber gedämpfte Erwartungen auflöst und die Kinder endlich wieder Kinder sind, draußen unter dem weiten Himmel, ist es diese Abwesenheit von Schuldzuweisungen und die sorgfältige Balance zwischen kindlichem Staunen und erwachsenem Pragmatismus, die ›Los Lobos‹ nicht nur als einen Akt der Erinnerung, sondern auch als einen der unerschütterlichen Liebe und Dankbarkeit erscheinen lässt.«
Jessica Kiang, Variety, Los Angeles CA. Übersetzt mit DeepL Translator
»In der Art und Weise, wie er sich den Erfahrungen der Einwanderer nähert, die zum Teil auf seinen eigenen beruhen, bekennt sich der inspirierte Filmemacher stillschweigend zu seinem Glauben an die alltägliche Freundlichkeit der anderen, selbst in den schwierigsten Situationen. Nehmen wir zum Beispiel die chinesischen Vermieter, insbesondere Mrs. Chang (Cici Lau), die sich aus keinem anderen Grund als ihrer immensen Menschlichkeit für die Sicherheit des Jungen einsetzt; oder die in Amerika geborenen Kinder lateinamerikanischer Abstammung, die sich in Situationen offensichtlicher Vernachlässigung befinden und sich letztlich nur Gesellschaft wünschen. Kishi Leopo verharmlost die Probleme, mit denen diese Akteure konfrontiert sind, nicht und geht sogar auf die Tatsache ein, dass viele Einwanderer in evangelikalen Kirchen Trost für ihre Notlage finden. Jedes Element wurde mit großer Aufmerksamkeit aus der Realität geschrieben oder eingefügt, um diese Welt wahrheitsgetreu darzustellen.«
Carlos Aguilar, RogerEbert.com, Chicago, Illinois. Übersetzt mit DeepL Translator