»Gornostais Film wurde in der Sektion Generation 14plus der Berlinale 2022 mit dem Gläsernen Bären ausgezeichnet. Der Filmtitel bezieht sich auf ein Spiel, bei dem jemand mit verbundenen Augen die anderen sucht, und bedeutet so viel wie ›Halt die Welt an‹. Anhalten ist ein unerfüllbarer Wunsch, und Mashas Erkenntnis lautet: ›Egal was du tust, du musst dich bewegen‹.«
Jens Balkenborg, epd film, Frankfurt/Main
»›Stop-Zemlia‹ ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie offen die ukrainische Gesellschaft inzwischen ist, ohne dass es deswegen für junge Leute leichter wäre, unbeschwert heranzuwachsen. In manchen Fällen verläuft die Kulturgrenze auch noch zwischen den Generationen, wie bei Sasha und seiner Mutter. Sie steht in mancherlei Hinsicht noch für Haltungen, die ihre Wurzeln in der Sowjetunion haben. Eine emanzipierte Frau, die von ihrem Sohn wiederum eher konformes Verhalten erwartet. Alle diese Aspekte kann man in ›Stop-Zemlia‹ lesen, man kann den Film also tatsächlich auch als politisches Dokument lesen. Zugleich hat Kateryna Gornostai aber einfach einen der schönsten Filme über das Jungsein gemacht, den es im Kino gibt – und da hat sie ja starke Konkurrenz.«
Bert Rebhandl, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Der Film deutet zahlreiche schwierige Themen an – unter anderem Streit mit den Eltern und Mobbing –, ohne in die Gefilde eines Problemfilms zu geraten. Es geht nicht darum, dezidierte Botschaften zu vermitteln, sondern aufmerksam am Dasein der Figuren teilzuhaben. Auch die Kommunikationswege über soziale Netzwerke werden stimmig integriert, ohne aufdringlich zu wirken […] Die Handlung wird noch um kurze, eingestreute Interviews ergänzt, in denen Masha und die anderen darüber reden, was sie nach der Schule machen wollen und welche Gedanken und Gefühle sie umtreiben. Auch hier entsteht eine angenehme, stets respektvolle Nähe zu den Figuren.«
Andreas Köhnemann, spielfilm.de, Nierstein
»›Stop-Zemlia‹ versteht es immer wieder, sein Publikum zu überraschen. Es gelingt der Regisseurin, ihre Figuren in jenem besonderen Moment des Lebens zu zeigen, in dem man sich selbst und der Welt ein Rätsel ist, in dem man hofft und Sehnsucht hat nach etwas Großem in der Ferne. In dem man sich selbst Monat für Monat ein bisschen mehr erschafft. Gornostai lässt scheinbar mühelos dieses universelle Gefühl des Erwachsenwerdens und des Übergangs von der Jugend zum Erwachsensein auf der Leinwand wiederauferstehen. Dies ist also kein üblicher Coming-of-Age-Film. Mit viel Mut erzählt Gornostai einfach das, was sie interessiert, ohne auf Erwartungen und Vorschriften des Filmbetriebs und der Dramaturgiepolizei Rücksicht zu nehmen – dabei voller Neugier und Kenntnis im Verhältnis zur Filmgeschichte.«
Rüdiger Suchsland, artechock.de, München
»Eindrücklich, wie dem Film Ensembleszenen gelingen, im Klassenzimmer, auf dem Schulhof, auf der Tanzfläche der Schuldisco. Oft agieren zehn, fünfzehn junge Menschen gleichzeitig im Bild, ohne dass der Eindruck des Choreografierten aufkommt. Die Menge macht nicht gleich, sondern forciert Identität, weil sie einen dazu zwingt, sich zur eigenen Umgebung zu verhalten. Einige Nebenfiguren wie der Klassnenclown Maus oder das Energiebündel Oksana tauchen fast nur in solchen Gruppenszenen auf und hinterlassen dennoch bleibenden Eindruck.«
Lukas Förster, perlentaucher.de, Berlin
»Man merkt ›Stop-Zemlia‹ an, dass die Regisseurin aus dem Dokumentarfilm kommt. Ihr Film hat eine Glaubwürdigkeit, dass man sich fragt, was hier überhaupt gescriptet ist. Gornostai spielt mit diesem Effekt, indem sie die Handlung immer wieder für Interviewpassagen mit dem Cast unterbricht. Die Darsteller:innen beantworten die Fragen der Regisseurin, Jahrgang 1989, verblüffend offen. Bald ist nicht mehr klar: Sprechen gerade die Figuren oder doch schon die Spielenden?«
Simon Rayß, Der Tagesspiegel, Berlin
»Die Stärke dieses ersten, auf der Berlinale preisgekrönten Spielfilms liegt auch in seiner Universalität, in seiner Art, die Geschichte nie in einer eindeutigen Realität zu verankern. Wir könnten überall sein, außer dass wir uns in Kyjiw befinden. Die Jugendlichen, die wir entdecken, leben heute, wenn sie nicht aus der ukrainischen Hauptstadt geflohen sind, in einem Land, das sich unfreiwillig im Krieg befindet und von Wladimir Putins Russland heftig angegriffen wird. Es ist daher unmöglich, Stop-Zemlia nicht vor dem Hintergrund dieser tragischen Ereignisse zu betrachten und darin die Überbleibsel einer geopferten Generation zu sehen.«
Stéphanie Gobbo, Le Temps, Genf (übersetzt mit DeepL)