»Wir machen einfach einen kleinen Umweg. Für dich. Und dann geht‘s weiter!« Eigentlich sind Finn und Jola unterwegs nach Norden, Richtung Ostsee. Die impulsive, clevere Zwölfjährige hatte den eher stillen, nachdenklichen Zehnjährigen zum Abhauen überredet. Die Polizei ist ihnen auf den Fersen und ihre Lage alles andere als entspannt. Bei Finn läuft gerade ziemlich viel schief. Erst vergisst der Vater den versprochenen Paddelausflug, dann schiebt er den Sohn, eines Auftrags wegen, zur Mutter nach Berlin ab. Im Zug wird ihm von einem fiesen Typen der Rucksack samt Fahrkarte geklaut. Die Schaffnerin kennt kein Pardon und übergibt ihn auf
dem nächsten Bahnhof der Polizei. Ihrem Streifenwagen knallt hinten einer drauf – und was nach einem Unfall aussieht, wird für Finn zum Glücksfall: Jola klopft an die Autoscheibe und weist ihm den Ausweg aus seiner misslichen Lage. So abgefahren wie ihre Zufallsbekanntschaft begann, geht sie weiter: auf 25 km/h-Tour mit einem geklauten Traktor und mit etlichen verrückten Typen, denen sie auf ihrer Odyssee begegnen. Beide erzählen sie sich von ihren Eltern und dem Gefühl, allein und vernachlässigt zu sein.
Finns beste Familienerinnerungen sind in einem Fotoalbum verewigt, dochdas steckte im Rucksack und scheint für immer verloren. Die Rettung braust PS-stark auf vielen Motorrädern und unter weiblicher Führung heran.
Klug, witzig, abgedreht: Das schönste deutsche Roadmovie für Kinder seit langem. »Tschick« lässt grüßen, nicht nur durch den Tankstellenwart.
Fotos: Jens Hauspurg © Lieblingsfilm/sad ORIGAMI
Das Buch zum Film
Martin Muser. Kannawoniwasein – Manchmal muss man einfach verduften! Erstausgabe 2018/Taschenbuchausgabe zum Film 2023: 192 Seiten, 7,00 €, ISBN978-3-551-32126-8, Carlsen Verlag, Hamburg
Außerdem im Carlsen Verlag erschienen:
»Kannawoniwasein – Manchmal fliegt einem alles um die Ohren« (2019), 160 Seiten, 12 Euro, ISBN 978-3-551-55387-4
»Kannawoniwasein - Manchmal kriegt man einfach die Krise« (2020), 160 Seiten, 12 Euro, ISBN 978-3-551-55395-9
»Endlich mal wieder ein richtig cooler Kinderfilm, der mit genau der richtigen Mischung aus sympathischem Charme und augenzwinkernder Anarchie glänzt. Gerade weil Erwachsene aufs Korn und Kinder ernst genommen werden, ergibt sich daraus eine hinreißende Story, die auch noch mit unverbrauchten Gesichtern glänzt.«
Markus Tschiedert, filmstarts.de, Berlin
»Angelehnt an den gleichnamigen Roman von Martin Muser, nimmt Regisseur Stefan Westerwelle sich sehr ernsthaft der Probleme und Emotionen der Kinder an, indem er sich Zeit lässt, den Ausreißern durch eine weite, landwirtschaftlich geprägte Gegend in ruhigen Bildern zu folgen. Ein Roadmovie ist immer auch eine Reise zu sich selbst, und neben den Abenteuern die die beiden erleben, bleibt Platz zum Reden und Nachdenken. Das macht den Film zu einem ganz besonderen Kinderfilm, in dessen Welt sich die jungen Zuschauer wiederfinden können. Die Kamera schafft einen weiten filmischen Raum und die Spannung entsteht durch schöne, durchdachte Bilder ...«
Katrin Hoffmann, epd film, Frankfurt/Main
»Die Geschichte bedient sich freizügig und ohne Scham im Kinder- und Jugendfilm von ›Emil und die Detektive‹ bis ›Tschick‹. Ein Traktor wird gekapert, das bleibt bei allen sonstigen Zufällen sogar realistisch und im Tempo greifbar, und am Ende finden sich natürlich die womöglich doch gar nicht so desinteressierten Eltern erleichtert am Strand ein – für ihre Gefühle interessiert sich der Film ehrlicherweise nicht wirklich, und das passt auch genau so: Dieser Film gehört den Ausreißern.«
Rochus Wolff, filmdienst.de, Bonn
»Auf der komischen Ebene gibt es Wendungen und Auftritte, die in ihrer Skurrilität das sonst gewohnte Road-Movie-Niveau toppen. Sie funktionieren wie kleine Revue-Nummern und verleihen dem sonst gut geerdeten Realismus einen leicht surrealen Anstrich. Einiges davon steht schon so im Buch, aber eine der Abweichungen sticht als besonderer Clou ins Auge. Der Präsident der Rocker, in deren Fänge die beiden Helden beinahe geraten, ist im Film eine Präsidentin (Leslie Malton). Das verleiht der furchterregenden Chefin bei aller Härte auch einen Hauch von Mütterlichkeit. So kann sie zur schützenden Hand werden, die den beiden Ausreißern das gibt, was sie im Moment am meisten brauchen: Freiheit.«
Peter Gutting, kino-zeit.de, Mannheim
»›Kannawoniwasein!‹ konzentriert sich voll und ganz auf die beiden Kinder und stellt ihnen auch keine anderen Gleichaltrigen gegenüber. Finn und Jola befinden sich in diesem Film ganz allein in einer Welt der Erwachsenen, von denen die meisten tatsächlich ziemlich seltsam sind. Ein skurriles Figurenensemble, das nur bedingt Kinderfilmklischees entspricht, arrangiert der Film um die beiden Kinder, von einem ziemlich verpeilten Polizist*innen-Duo über eine kuriose Imbissverkäuferin – das Bild von deren Anhänger mitten im Nirgendwo ist allerdings viel komischer als die Besitzerin – und zwei pragmatische Nudist*innen bis zu einer Trans-Frau in einem Provinz-Sex-Shop sowie einer Rockerbande. Dabei wird immer der vorurteilsfreie Blick der Kinder betont: Das Verhalten von Erwachsenen muss man nicht immer verstehen.«
Stefan Stiletto, kinder-jugend-filmportal.de, Remscheid
»›Kannawoniwasein!‹ ist, man darf es so sagen, ein Glücksfall eines gelungenen Films für und über Kinder. Der noch junge Regisseur Stefan Westerwelle hat, wie schon in seinem Vorgängerfilm ›Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums‹ (2018) sein Talent bewiesen, einen Film auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten zu machen, ohne sich bei den Kindern anzubiedern oder didaktisch zu sein. Ein glückliches Händchen hatte er auch mit den beiden Hauptdarstellern Miran Selcuk und Lotte Engels, deren Namen man in Zukunft gewiss öfter begegnen wird. Mit ihrer Natürlichkeit und Frische tragen sie dieses rasante, komische und auf lässige Weise tiefgründige Roadmovie, unterstützt von den ebenfalls sorgfältig ausgewählten und gezeichneten Nebenrollen.«
Frank Schirrmeister, neues deutschland, Berlin
»Die Kinderdarsteller Miran Selcuk und Lotte Engels dominieren durchgehend und setzen manch darstellerisches Glanzlicht. Beide wirken, als hätten sie schon in zig Spielfilmen mitgewirkt. Doch die zwei sind Kino-Neulinge. Klar, dass ihr Erfolg ganz wesentlich der sensiblen Führung von Regisseur Stefan Westerwelle zu danken ist. Der Mann hat ein Händchen dafür, junge und jüngste Akteure zum Leuchten zu bringen. Hut ab! So, wie er seine Kinderdarsteller offenbar sehr ernst nimmt, hat er es auch mit den Filmfiguren gehandhabt. Und das gibt ›Kannawoniwasein!‹ eine Wahrhaftigkeit, die auch längst in die Jahre gekommene Kinder amüsiert und sie sogar ein wenig zum Nachdenken darüber bringt, ob wir Erwachsenen uns nicht viel öfter als üblich wirklich erwachsen benehmen sollten.«
Peter Claus, Die Rheinpfalz, Ludwigshafen