»Wir sollten aufhören mit dem einfach Runterspülen!« So simpel der Appell, so komplex das Nachdenken über Alternativen. Was wir vielleicht gerade noch machen: uns zwischen größerem und kleinerem Drücker entscheiden, um die angeblich passende Wassermenge durchs Klobecken rauschen zu lassen. Wir fühlen uns im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert und haben was für die Umwelt getan. Welch ein Irrtum! Rubén Abruña ist über Kontinente hinweg der Spur menschlicher Fäkalien gefolgt. Er nimmt uns mit nach Chicago in eine der größten Kläranlagen der Welt, steigt mit uns in die Pariser Abwasserkanäle. Im größten Slum von Kampala lässt er sich von den ugandischen »Poop Pirates« erklären, wie sie aus Exkrementen hygienisch einwandfreien Kompost herstellen. Beeindruckend die einfache Rechnung von der britischen BoomTown-Fair: Vier Tage Musikfestival ergeben bei 60.000 Besuchern rund 720.000 kleine und große Geschäfte. Spültoiletten sind hier längst out. Aber können und wollen wir uns, im globalen Norden, rückbesinnen auf Trockentoiletten? Wo doch das WC und die Kläranlagen der große Fortschritt waren: aus den Augen, aus dem Sinn. Wie die Zukunft aussehen kann, zeigen Pionierprojekte in Genf oder Hamburg. Und in Eberswalde sind innovative junge Leute mit ihrem Start-up »finizio« wegweisend in Sachen Sanitär- und Nährstoffwende.
Kein Scheiß: Dieser Film bricht Tabus und erhellt dunkle Materie.
Fotos: farbfilm Verleih, Berlin
Das Buch zum Film
Annette Jensen. Holy Shit – Der Wert unserer Hinterlassenschaften.
Sachbuch zum gleichnamigen Dokumentarfilm, mit einer Erzählung
von Sina Kamala Kaufmann. orange-press, Freiburg im Breisgau/Berlin
Klappenbroschur, 224 S., mit Bildteil, 20 Euro
ISBN 978-3-936086-8-50
»›Holy Shit‹ widmet sich der klimapolitischen Bedeutung von menschlichen Fäkalien auf sehr saubere Art und Weise und spricht sehr bedeutsame Aspekte an, über die sich viele Menschen vermutlich noch nie Gedanken gemacht haben. Wunderbar pädagogisch konzipiert, räumt das dokumentarische Portrait mit dem Tabuthema auf und sorgt für jede Menge Aufklärung.«
Michael Gasch, film-rezensionen.de, München
»Dem Regisseur Rubén Abruña gelingt ein bewundernswertes Kunststück. Schon nach wenigen Minuten lässt er uns vergessen, dass das Thema auf irgendeine Art und Weise unangenehm sein könnte. Stattdessen zeigt er humorvoll, wie es zu den aktuellen Fehlentwicklungen gekommen ist und zwar fast, ohne die Moralkeule zu schwingen.Darüber hinaus präsentiert er verblüffende Lösungen für Abwasserprobleme aus der ganzen Welt.« Viktoria Oppenhoff, artechock.de, München
»Technisch ist an ›Holy Shit‹ nichts zu bemängeln. Besonders die ›Erzählstruktur‹ ist sehr gut und flüssig gestaltet, auch Christoph Maria Herbst als Synchronsprecher/Erzähler ist ein Gewinn für den Film. Sein größtes Asset bleibt aber seine Aktualität, die weit über das Thema ›Scheiße‹ hinausgeht: Der Film regt zum Reflektieren an und macht Mut, ist ein Anstoß zum Nachdenken darüber, wie drängende Fragen an zivilisatorischen Weggabelungen gelöst werden können. Und an einer solcher Weggabelung befindet sich die Menschheit derzeit zweifelsohne.
Christian Klosz, spielfilm.de, Nierstein
»›Holy Shit‹ ist eine abwechslungsreiche, informative und manchmal vielleicht auch eine euphorische Umwelterzählung. Und im Wesen grundsätzlich revolutionär: Die Interviewpartner erklären durchaus öfters, wie sie mit den Interessen der Manager herkömmlicher Abwasserentsorgung zu kämpfen haben – oder sogar aus Forschungseinrichtungen geflogen sind.«
Jürgen Kiontke, filmgazette.de, Bielefeld
»Wer den Film gesehen hat, dürfte danach achtsamer aufs Klo gehen. Denn Zugang zu Toiletten mit Wasserspülung zu haben, ist nicht selbstverständlich – und zugleich aus ökologischer Sicht nicht der beste Weg, sich zu erleichtern. Abruña reist in 16 Städte auf vier Kontinenten. Meist ziert sein Fortbewegungsmittel – Fahrrad, Boot oder Auto – ein Modell menschlicher Hinterlassenschaften, es sieht aus wie eine riesige 3D-Version des Kackhaufen-Emojis.«
Julia Koch, Spiegel plus, Hamburg
»Der Film ist ein flammendes Plädoyer für umweltfreundlichere Formen der Fäkalienentsorgung. Die Technik dafür ist längst vorhanden. Eine bislang vernachlässigte Ressource bietet demnach ungeahnte Möglichkeiten etwa für den Nahrungsmittelanbau überall auf der Welt. Der Filmemacher spricht euphorisch von einer Revolution. Das alles wird im Film gut erklärt, auch wenn es Passagen gibt, die ein gewisses Vorwissen voraussetzen. Doch wenn es zu ernst wird, taucht das lustige Poopomobil auf, ein kleiner fahrender Kackhaufen.«
Ernst Corinth, Kölnische Rundschau
»Toll an ›Holy Shit‹ ist, dass der Film ganz vielseitige Eindrücke vermittelt - von einem traditionellen Massai-Dorf in Kenia geht es urplötzlich nach Winchester in England, auf das Festival Boomtown. Hier hat die witzigste Figur des Films ihren Auftritt: Hamish Skermer, Gründer eines Unternehmens, das weltweit Komposttoiletten auf Großveranstaltungen aufstellt. In einer Szene steht er auf einer Art Riesenheuhaufen, als hätte er gerade einen Achttausender bezwungen: ›Das kommt heraus, wenn 260.000 Leute vier Tage lang scheißen.‹«
Carolin Ströbele, Zeit online, Hamburg
»Rubén Abruña wünscht, dass wir unsere Ausscheidungen nicht länger als bloße Abfälle betrachten, sondern vielmehr als eine potenzielle Ressource für ein besseres Leben - sowohl für uns als auch für unsere Umwelt.Die Art und Weise, wie der Film dieses Konzept allmählich vermittelt, ist faszinierend. Alles wird klar und verständlich erklärt, durch konkrete Beispiele veranschaulicht und gelegentlich mit überraschenden Erkenntnissen garniert.«
Sebastian Groß, moviebreak.de, Kassel
»›Holy Shit‹ ist eine durchweg unterhaltsame Dokumentation, die es darüber hinaus aber nicht versäumt, auch einen Erkenntnis- und Informationsgewinn zu bieten. Nach knapp 90 Minuten ist man schlauer. Das Betätigen der Toilettenspülung wird danach aber auch nie wieder so unbeschwert wie zuvor funktionieren.«
Peter Osteried, programmkino.de, Berlin
»In abwechslungsreicher Folge präsentiert der Film echte Vorkämpfer dieser Methode, die in verschiedenen Weltregionen an naturnahen und umweltfreundlichen Verwertungsmöglichkeiten für menschlichen Dung arbeiten. In Uganda, Schweden, Kanada, der Schweiz und in Deutschland existieren entsprechende Projekte, die in Zukunft einen nachhaltigen, ressourcensparenden Umgang mit unseren Hinterlassenschaften ermöglichen könnten – auch in Großstädten.«
Gaby Sikorski, filmdienst.de, Bonn
»Man ahnt, wie viel Zeit in die Recherche geflossen ist. Wie schmal der Grat war, zwischen dem heiteren Ton, den der Film gefunden hat – und billigen Witzchen, die sich anböten. Aber das allein ist es nicht. Es sind auch die Menschen, denen wir begegnen, die den Film so unfassbar gut machen. Männer und Frauen, die mutig und frei von Konventionen forschen und handeln. Sie eint die Vision, aus vermeintlichem Dreck das Beste an und für die Erde herauszuholen. Ihre Begeisterung steckt an.«
Aus der Jury-Begründung für den besten Film beim NaturfilmFestival 2023