Ein Sack Reis

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Ein Sack Reis
Kiseye Berendj – دانلود زیرنویس

Iran, Japan 1996 / Spielfilm / 80 Minuten / 1.-13. Jahrgangsstufe

Inhalt

»Hat dich nie jemand in den Park mitgenommen, als du klein warst?«, fragt die vierjährige Jairan die alte Frau, mit der sie einen ganzen Tag lang durch Teheran gelaufen ist. Es war ein sehr weiter Weg und ein hartes Stück Arbeit für die beiden. Frau Khanoom wollte in einem Laden Gutscheine gegen 15 Kilo Reis eintauschen, ihr Sohn hatte keine Zeit für diese wichtige Besorgung. Da sie schon gebrechlich ist und nicht mehr so gut sieht, bietet sich das kleine Nachbarmädchen als Begleitung an. Hartnäckig bittet sie die Mutter um Erlaubnis, die schließlich einwilligt. Das erste Geschäft hat leider geschlossen, so müssen sie weiterziehen, ihre Kreise werden immer größer. Hindernisse und Missgeschicke versteht die Kleine mit unerschütterlichem Optimismus stets zum Guten zu wenden. Bunt-leuchtend im Grau der Großstadt, überträgt sich Jairans Freundlichkeit auf alle, denen sie begegnen und die der Greisin und dem Kind ihre Hilfe anbieten. Selbst als der schwere Sack Reis im Bus durch ein Versehen reißt, erwächst aus dem Malheur eine herzerwärmende, kollektive Rettungsaktion. Sehnlichst erbeten, erfüllt sich schließlich auch Jairans größter Wunsch: ein Besuch des Stadtparks. Als sie sich traut, von der Rutsche zu rutschen, ist das die Krönung eines wunderbaren Tages.

Realistisch-märchenhaft: ein Film kleiner Wunder und großer Menschlichkeit!

Fotos: Mohammad-Ali Talebi

Buchempfehlung zum Thema
Jasmin Taylor: Im Namen Gottes. Die Unterdrückung der Frauen im Iran. Mit einem Vorwort von Masih Alinejad. Europa Verlag, Zürich 2023
240 Seiten,  gebunden mit Schutzumschlag, 25 Euro, ISBN 978-3-95890-583-2

Themen

Iran   |  Teheran   |  Heimat   |  Gesellschaft   |  Alltag   |  Abenteuer   |  Großstadt-Odyssee   |  Bewährungsproben   |  Mitgefühl   |  Freundlichkeit   |  Fürsorge   |  Vertrauen   |  Hilfsbereitschaft   |  Solidarität   |  Verantwortung   |  Generationen-Dialog   |  soziale Beziehungen

Fächer

Deutsch   |  Sachunterricht   |  Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde   |  Politische Bildung   |  Kunst   |  Philosophie

»Der Film baut Spannung auf – mit einem traditionellen Reise- und Märchenschema: Man begibt sich auf die große Reise, auf eine Suche, überwindet viele Hindernisse, bis hin zur glücklichen Heimkehr mit dem Schatz. Die Handlung ist ganz alltäglich: Wo gibt es noch Reis, wie kommen wir dahin. Damit sind wir in einem Road Movie und Kinderfilm besonderer Art: Dies ist kein Ausbruch eines Kindes aus der Erwachsenenwelt im Sinne einer Robinsonade, die eine eigene Kinderwelt schafft außerhalb oder gegen den Alltag der Erwachsenen. Es geht wirklich darum, dass die alte Nachbarin, Frau Khanoom, am anderen Ende der Stadt einen Sack Reis besorgen muss – es geht um ein hartes Stück Arbeit, und Jairan will helfen; und gleichzeitig ist diese Welt für Jairan ein einziges Abenteuer und sie, die Vierjährige, die eigentlich nur begleiten darf, ist Drahtzieherin, übernimmt Verantwortung oder vergnügt sich – zum Schrecken und Erstaunen und dann auch zur Freude ihrer alten Begleiterin. Die Nöte und Freuden der alten Frau, ihr sorgenvoller, mahnender oder liebevoller Blick sind nicht nur Folie für ein Kinderabenteuer, sie haben ein eigenes Gewicht – sie ist nicht nur Begleiterin, auch sie verändert sich.«
Michaela Ulich, Kinder-/]ugendfilm Korrespondenz, München

»Talebi tut nichts weiter, als der vierjährigen Jairan und ihrer geh- und sehbehinderten Nachbarin quer durch Teheran zu folgen.  Was ihnen zustößt, ist nichts Außergewöhnliches: der Laden hat geschlossen, der alten Frau fällt die Brille in einen Bach, der Sack mit dem Reis platzt mitten im Bus.  Doch weil die eine noch so klein und die andere schon so gebrechlich ist, werden diese Zwischenfälle für sie zu Abenteuern – groß wie Prüfungen im Märchen.  Und wie im Märchen treffen sie immer wieder auf Menschen, die ihnen weiterhelfen.  Der leuchtend gelbe Reispudding am Schluss wird bei einer so minimalistischen Erzählweise von selbst zu einem kleinen Wunder.«
Susanna Nieder, Der Tagesspiegel, Berlin

»Meist ist das Leben Schwerarbeit für seine jungen Helden und ihre Familien. Wenn ein vierjähriges Mädchen und eine gebrechliche alte Frau einen riesigen Sack Reis durch Teheran schleppen oder ein Junge eine Glasscheibe, die beinahe so groß ist wie er selbst, bei einen Sturm aus dem Nachbardorf in seine Schule trägt, dann sind das Herkulesaufgaben, an denen die Kinder wachsen oder auch zerbrechen können. Eine Garantie aufs Happy-End gibt es bei Talebi nicht. Aber es gibt auch immer wieder wunderbare Begegnungen, ohne die das Überleben gar nicht möglich wäre. Freundschaft ist in Talebis Filmen das vielleicht wichtigste Thema. Und ab und zu funkt es auch zwischen kleinen Mädchen und kleinen Jungs. Die Mädchen sind kleine Prinzessinnen, die – egal wie schwer die Aufgaben sind, die sie sich aufbürden – auch auf ihrem Vergnügen bestehen.«
Martina Knoben, Süddeutsche Zeitung, München

»Talebi begeht nie den Fehler, die Kinder zu kleinen Erwachsenen zu machen, wie er auch nie den Fehler macht, sie zu Klischees zu verniedlichen. Und wie viele Abenteuer eine Einkauftour in die Stadt bereit hält – und wie viel Hilfsbereitschaft man begegnet, wenn man sie braucht! Und dann streut Talebi Momente reiner Magie ein: die Mütze fliegt von Zauberhand auf den Kopf des Kindes, eine Münze wird gekonnt geflippt, und das Platzen einer aufgeblasenen Tüte lässt einen ganzen Bus im Chaos versinken. Diese Momente stören überhaupt nicht den so genauen und so liebevollen sozialen Realismus, sie machen aus dem Film nie ein Märchen. Im Gegenteil: Sie zeigen auf ihre Weise, wozu Kinder fähig sind, was Erwachsene in ihrer eigenen Sicht auf die Dinge niemals bemerken.« Harald Mühlbeyer, epd film, Frankfurt/Main

»Ich freue mich zutiefst, dass ich diejenigen mit ›Kiseye Berendj‹ bekannt machen kann, die diesen Film noch nicht kennen. Er ist einer meiner absoluten Lieblinge. Dieser Film wirkt wahre Wunder. Jeder Zuschauende wird auf alchemistische Weise zu einem kleinen Mädchen. Erst auf sich gestellt, vorsichtig, dann gefestigt und couragiert. Und wir werden zu ihrer älteren Nachbarin. Zaghaft, von anderen abhängig, kurzsichtig und gebrechlich. Vielleicht werden wir sogar zu einem Sack Reis, der durch ganz Teheran reist, auf totemhafte Weise wertvoll und gefährdet, und doch nahrhaft und voller Versprechen. Diese drei Wesen, sie sind alle von der Güte Fremder abhängig. Und alle drei bekommen die benötigte Hilfe, gehen durch dick und dünn. Ich verneige mich tief vor Mohammad-Ali Talebi, der uns dieses Meisterwerk geschenkt hat. Es trägt eine Magie in sich, dank derer wir uns in Gesellschaft anderer Wesen wohler fühlen. Und dieser Film weist uns den Weg zu einem erleuchteten Horizont, hinter dem Mitgefühl und Gemeinschaft warten. Dieses Werk erzeugt Hoffnung, Glaube und Liebe; und was kann Kino mehr wollen?«
Tilda Swinton, Berlinale 2023 (Filmpatin innerhalb der Retrospektive
»Young at Heart – Coming of Age at the Movies
«)


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