»Man fängt keinen Krieg an aufgrund einer Annahme, die nicht bewiesen werden kann.« Genau das aber geschah am 19. März 2003, als die USA im Irak einmarschierten. Sechs Wochen zuvor hatte US-Außenminister Colin Powell einen denkwürdigen Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat. Er präsentierte Dokumente aus angeblich erster Hand, die den irakischen Besitz von Massenvernichtungsmitteln beweisen und eine Invasion im Namen des Friedens rechtfertigen sollten. Die UN-Inspektoren unter Leitung des Schweden Hans Blix wären von Saddam Hussein hinters Licht geführt worden. Der Diplomat hatte in seinem Report gesagt, dass die zahlreichen Kontrollen »keine belegbaren« Nachweise für irakische Kampfmittel erbracht hätten. Er forderte Zeit für weitere Untersuchungen, doch die Falken drängten zum Feldzug. Als Blix Ende Juni 2003 seine UN-Mission beendete, wusste die Welt bereits, dass sie belogen worden war. Die behaupteten irakischen Waffen gab es nicht. Was damals zum Krieg führte und mit welch manipulativen Mitteln er inszeniert wurde, zeigt dieser Film auf eindrucksvolle, auch erschreckende Weise. Weltpolitik mit schlimmsten Folgen. Vor allem aber zeichnet der Film das Porträt eines außergewöhnlichen Mannes im Dienste des Friedens, des Ausgleichs, der Diplomatie. Ein Menschenfreund.
Als 95-Jähriger schreibt Hans Blix ein Buch: »Der Abschied von Kriegen«.
Er hat die Hoffnung nie aufgegeben.
Fotos: Cine Global Filmverleih, München
»Ist das heute alles noch von Interesse? Erstaunlicherweise ja, und zwar aus zwei Gründen. Erstens wurde 2003 erstmals etwas in großem Stil und mit ungeheuren Folgen in die Welt gesetzt, was heute immer schlimmer zu werden droht: das Leugnen von Fakten und das Faken von Sachverhalten, die ins eigene Weltbild passen. Das Jahr ist quasi die Geburtsstunde des Populismus an der Staatsspitze des mächtigsten Landes der Erde. Zweitens fällt es einem wie Schuppen von den Augen, wenn der Film die Parallelen zwischen dem Irak-Krieg und dem Ukraine-Krieg aufzeigt, nicht nur in dem sehenswerten Versprecher, den sich George W. Bush 2022 leistete, als er den Überfall auf die Ukraine geißeln wollte und vom Überfall auf den Irak sprach. Beide Male wurden angebliche Bedrohungen erfunden und in beiden Fällen steigerten sich die Kriegstreiber in Annahmen über die Welt hinein, die nur in ihren Köpfen existieren. Insofern muss man Greta Stocklassa dankbar sein für ihren Ansatz, nicht einfach nur einen sehr interessanten Menschen zu porträtieren. Sondern die Fragen einer jungen Generation von heute zu stellen, wie unbequem auch immer sie sein mögen.«
Peter Gutting, film-rezensionen.de, München
»Die Filmemacherin nimmt die Perspektive einer neuen und jungen Generation ein, die herausfinden will, warum die Älteren ihr eine so vielfach bedrohte Welt hinterlassen. Zugleich geht es um die Frage, welche Lösungen der Krisenmanager Hans Blix heute anstreben würde – etwa im Fall des Überlebenskampfes der Ukraine oder mit Blick auf den Klimawandel. Der Austausch zwischen den beiden ist reizvoll und trotz der Gegensätze, die diese Konstellation mit sich bringt, gut ausbalanciert. Die Rollen sind klar verteilt. Dort der gewiefte Taktierer, der sich nur ungern auf eindeutige Positionen festnageln lässt. Und dort die idealistische junge Regisseurin, die endgültige Antworten und nichts als die Wahrheit sucht. In einem Moment lockt Greta Stocklassa den Gesprächspartner allerdings derartig aus der Reserve, dass der sonst so gelassene und freundliche Mann ganz undiplomatisch den Raum verlässt.«
Nils Michaelis, Vorwärts, Berlin
» ... das intime Porträt jenes Hans Blix, der die Filmemacherin auch sehr nahe in sein Privatleben lässt. Man ist dabei, wie der Mann in seinen Tagebüchern blättert, sein Leben aufräumt und alte Aktenordner entsorgt oder seiner Frau am Küchentisch aus der Zeitung vorliest. Selbst beim Urlaub in einem Sommerhaus, wo er auch seinen Geburtstag feierte, durfte die Regisseurin dabei sein. Dabei zeigt sich der Gastgeber als gänzlich uneitel, ist meist bester Laune und hat auch seinen Humor nicht verloren [...] Zumeist kreisen die Gespräche jedoch um die missliche Weltlage, wobei Blix die ähnlich düster sieht wie die Filmemacherin, die sich dabei in Bild und Ton immer wieder sehr persönlich einbringt. Es sind ebenso informative wie kurzweilige Gespräche zwischen Vertretern von zwei Generationen, die die Basis für diesen Dokumentarfilm bilden, dessen kluger Mix aus Porträt und Zeitgeschichte auch eine Kinoleinwand zu füllen vermag.«
Reinhard Lüke, filmdienst.de, Bonn
»Die Tatsache, dass Stocklassa unverblümt und sehr direkt fragt, erweist sich als Glückgriff. Mit ihren Fragen treibt sie den bis kurz vor Schluss stets auskunftsfreudigen Blix, der Einblicke in den Alltag mit seiner Frau gewährt und seine privaten Tagebücher öffnet, immer weiter in die Enge. Das Ende kommt unerwartet. Für Stocklassa wie für den Zuschauer. Die Fülle an Originalbildern jener Tage und Archivmaterial, die ›Blix not Bombs‹ präsentiert, ist zudem beachtlich. Sie rufen die amerikanischen Ausreden und scheinheiligen politischen Begründungen für die Invasion in Erinnerungen. Inklusiver aller Akteure, die damals zentrale Rollen spielten: von Bush, Rumsfeld, Cheney, Wolfowitz und Powell auf Seiten der USA bis hin zu Blix, Annan oder el-Baradei auf Seiten der Vereinten Nationen.
Ganz am Ende knüpft der Film Parallelen zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine und zeigt glaubhaft auf: Die Rechtfertigungen der US-Politiker und der Verweis auf eine – angeblich – notwendige Entwaffnung und Demilitarisierung unterscheiden sich nicht von Putins weltfremden Äußerungen und erfundenen, verblendeten Kriegsbegründungen.«
Björn Schneider, programmkino.de, Berlin
»›Blix not Bombs‹ ist ein kleiner, aber äußerst sehenswerter Film, der über einen Blick in die nicht allzu ferne Vergangenheit unsere Gegenwart zu erklären versucht. Und das gelingt nicht schlecht, einerseits aufgrund der erhellenden Schilderungen des Protagonisten, andererseits aufgrund ausgezeichneter technischer Leistungen hinter der Kamera, die sich in einer wertigen Regie und Kameraführung, ausgezeichnetem Schnitt und Montage offenbaren.«
Christian Klosz, spielfilm.de, Nierstein
»Blix darf seine Geschichte mit Klarheit und Raum erzählen, während Stocklassa versucht, die diplomatische Distanz zu überwinden und die realen Konsequenzen dieser sorgfältig analysierten Urteile von Blix und seinem Team zu erkennen. Gleichzeitig gelingt es ihr, mit einem doppelten Sinn für Urteilsvermögen und Verständnis auf die damalige Zeit zurückzublicken. ›Blix Not Bombs‹ ist ein faszinierendes Porträt, das durch die offensichtliche Betroffenheit der Filmemacherin noch komplexer wird und einen einzigartigen Einblick in eine der interessantesten, wenn auch missverstandenen Persönlichkeiten der letzten turbulenten Zeiten bietet.«
Jason Gorber, POV, Canada's Documentary Magazine, Toronto
(übersetzt mit DeepL.com)
»Ethische Fragen sind immer heikel, und die Regisseurin ist ehrlich genug, um sich selbst - ihre Stimme, ihr Gesicht - als Teil des Gesprächs einzubeziehen, anstatt nur die Kamera zu benutzen, um eine verurteilende Erzählung aufzubauen. Ihre Frustration verdeutlicht jedoch die Kluft zwischen privater und öffentlicher Moral bei der Ausübung der Politik, ein Bereich, der sich dem Verständnis eines gewöhnlichen Menschen leider weit entzieht.«
Savina Petkova, cineuropa.com, Brüssel (übersetzt mit DeepL.com)