FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

»Fritzi war dabei«

Vier Kandidaten schafften es ins Finale für den Deutschen Animations-Drehbuchpreis 2012. Verliehen wurde die Auszeichnung während des 19. Internationalen Trickfilm Festivals in Stuttgart – und gewonnen hat Beate Völcker, FILMERNST-Inspiratorin seit Anbeginn des Projekts. Ihr Drehbuch »Fritzi war dabei« überzeugte die Jury durch authentische Erzählweise und plastische Darstellung der Geschichte. FILMERNST war zwar nicht dabei, gratuliert aber auf das herzlichste und freut sich schon auf den Film.



Der Deutsche Animationsdrehbuchpreis in Höhe von 2.500 Euro, gestiftet von der Telepool GmbH, wurde 2012 bereits zum sechsten Mal verliehen. Anliegen des Wettbewerbs ist die Förderung deutschsprachiger Animationsfilme mit herausragendem Potenzial und besonderem Anspruch.

»Fritzi war dabei«: Diesen Spruch schreibt die Neunjährige auf ein Plakat, das ihre Mutter zur Demo mitnehmen soll. Fritzi darf leider nicht mit, denn für Kinder, so finden die Erwachsenen, ist es zu gefährlich bei den Leipziger Montagsdemonstrationen. Aber Fritzi ist hartnäckig: Sie will unbedingt wissen, warum so viele Schulfreunde plötzlich nach Ungarn verschwunden sind und wieso ihre Eltern nach dem Fernsehgucken neuerdings immer streiten. Eines wird ihr dabei immer klarer: Sie will keine Mauer mehr in der DDR haben. 

Christian Lüffe (Leiter des Bereichs Film, Fernsehen, Hörfunk beim Goethe Institut München) begründete die Entscheidung der Jury: »Die Umarbeitung der Romanvorlage von Hanna Schott zu einem Animationsdrehbuch fügt dem Stoff des Romans eine neue originelle Dimension hinzu, zumal die ersten atmosphärisch-dichten Zeichnungen von Gerda Raidt bereits jetzt eine gelungene visuelle Umsetzung der Animation erhoffen lassen. Die Geschichte ist in stimmige Szenen mit pointierten Dialogen übertragen und in einer authentischen Sprache mit einem großen Verständnis für dramaturgische Linien umgesetzt.«

»Fritzi war dabei: Eine Wendewundergeschichte« von Hanna Schott mit Zeichnungen von Gerda Raidt ist erschienen im Klett Kinderbuch Verlag, Leipzig.  

Filmernster Rundbrief

In der ersten Mai-Woche der erste FILMERNST-Newsletter! Das Datum passt ganz gut, selbst wenn kein rundes Jubiläum damit verbunden ist: Auch in der ersten Mai-Woche 2003 haben wir einen Brief an Lehrerinnen und Lehrer des Landes Brandenburg geschrieben, damals aber noch mit der Post versandt. Im Schreiben vor neun Jahren kündigten wir etwas Neues an: ein von nun an kontinuierlich stattfindendes Filmprogramm für die Grundschulen, ein Angebot als Ergänzung und Bereicherung des Unterrichts. Das »KinderKinoSpecial« kam gut an, schon Anfang 2004 wurde es in FILMERNST umbenannt. Rasch hatten wir zwar eine Webseite und sind auch ganz social-networkig bei facebook, doch ein Newsletter ließ auf sich warten. Nun aber ist es so weit: In wahrscheinlich nicht ganz regelmäßigen Abständen möchten wir Sie per Rundbrief filmernst auf dem laufenden halten. Wir hoffen auf Ihr ernstes wie filmisches Interesse und freuen uns auf eine noch intensivere Kommunikation.


Der erste, im Mai 2003 empfohlene Film hieß »The Mighty – Gemeinsam sind sie stark«. Ganz unbewusst war dieser Titel wegweisend: FILMERNST hat immer auf die enge Verbundenheit der Partner – Schulen, Kinos, Förderer – gesetzt und in dieser Gemeinsamkeit eine Erfolgsgeschichte geschrieben: In acht FILMERNST-Jahren kamen 170.000 Kinder und Jugendliche in 1.600 Kino-Vorführungen mit 225 verschiedenen Filmen. Die meisten Veranstaltungen waren umrahmt von Moderationen und Gesprächen. Gerade diese intensive Begleitung durch FILMERNST – vor den Veranstaltungen und im Kino – ist nach wie vor ein großes Plus unseres Projekts. Besonderen Anklang fanden die mehr als 100 Begegnungen mit Filmschaffenden – Regisseuren, Autoren, Schauspielern, Produzenten. FILMERNST hat sich seit 2004 zum Markenzeichen für schulische Film- und Kinokompetenz entwickelt – im Land Brandenburg und darüber hinaus.

Klare Haltung

Mehr als 30 FILMERNST-Veranstaltungen mit und zu »Kriegerin« sind ein überzeugender Beweis für die Wirksamkeit von David Wnendts Spielfilm-Debüt »Kriegerin«. Die Themen Rechtsradikalismus und Gewalt mitten in unserer Gesellschaft trafen einen Nerv. Das für die meisten sehr intensive Filmerlebnis regte zur direkten Auseinandersetzung an und forderte in den Gesprächen danach eigene Standpunkte und Haltungen heraus.


FILMERNST hat nahezu alle Veranstaltungen moderiert und mit Gesprächen begleitet. Als Gäste vom Filmteam waren der Kameramann Jonas Schmager und der Produzent René Frotscher mehrfach dabei. Sie bereicherten die Diskussionen um Hintergrundinformationen und streitbare Positionen.

Die Entscheidung, »Kriegerin« möglichst rasch ins FILMERNST-Programm zu nehmen, war absolut richtig. Es war eine Entscheidung dafür, mit dem Einsatz des Films einen Anstoß zu geben, einen starken künstlerischen Impuls, um sich verstärkt und differenziert mit den Themen Rechtsradikalismus, neonazistische Ideologie oder den Ausstieg aus der Szene auseinanderzusetzen. Als Akteur der Filmbildung will und wird FILMERNST mit der Moderation und dem Gespräch nach dem Film eine Orientierung bieten, einen Austausch von Gedanken und Meinungen zum Thema anregen. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. 

Die Schüler vom Runge- und Louise-Henriette-Gymnasium in Oranienburg beispielsweise hatten viele Fragen und eine klare Haltung. Etliche von ihnen notierten (auf einem anonymen FILMERNST-Fragebogen) spontan ihre Gedanken. Der Satz: »Dieser Film bleibt mir im Gedächtnis, weil ...« wurde beispielsweise ergänzt mit: »er realistischer und offener ist, als ich ihn mir vorgestellt hatte«.  Und: »Über den Film zu reden ist wichtig, weil ...« fand viele Ergänzungen in der Art: »...man nur so die Hintergründe komplett erfassen kann. Und man so seine eigene Meinung zu vertreten lernt.« 

Bereits jetzt liegen Anmeldungen für weitere zehn Veranstaltungen vor, für die rund 1.300 Schülerinnen und Schüler angemeldet sind. Falls mittel- und längerfristig auch in Ihrer Schule Interesse an einer »Kriegerin«-Veranstaltung im Rahmen spezieller Projekte oder zu bestimmten Anlässen besteht, so setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung. 

LOLA-Triumph

Die Erfolge bei FILMERNST ließen der Akademie sicher gar keine andere Wahl: Sowohl »Wintertochter« als auch »Kriegerin« gewannen den Deutschen Filmpreis 2012. »Kriegerin« räumte gleich dreifach ab: In der Kategorie ›Bester Spielfilm‹ holte er Bronze, für Alina Levshin (›Beste weibliche Hauptrolle) und David Wnendt (Bestes Drehbuch) gab es Gold. Wir gratulieren und: FILMERNST macht sich weiter stark für eure Filme!


»Wintertochter« war nur über eine Wildcard, gewissermaßen durch die Hintertür, nachnominiert worden, konnte sich dann aber völlig verdient gegen die Mainstream-Konkurrenz von Tom Sawyer behaupten. Ein herzlicher, filmernster Glückwunsch an die Regisseure Johannes Schmid und David Wnendt – und an ihre Teams. 

Die LOLA ist mit knapp drei Millionen Preisgeld der am höchsten dotierte deutsche Kulturpreis. Vergeben wird er vom Bundesbeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann. Geld ist natürlich nicht alles, freut die Macher aber schon und hilft ihnen vor allem bei der Finanzierung neuer Projekte. Oft heißt es ja in Diskussionen, es gäbe nur gute oder schlechte Filme. Wenn man sich die Preissummen anschaut, dann gibt's aber noch einen weiteren feinen Unterschied: Der Deutsche Filmpreis in Gold für den »Besten Kinderfilm« ist 250.000 Euro wert, der Deutsche Filmpreis in Gold für den »Besten Spielfilm« trägt das Doppelte ein, nämlich 500.000 €, für Bronze gibt's in dieser Kategorie immerhin noch 375.000 Euro. 

Das Kleine und das Große, die Hälfte und das Doppelte: Man wird ja mal fragen dürfen – vielleicht auch nach einer Kategorie »Bester Jugendfilm«. Auch das wäre vielleicht ein Anreiz für Produzenten, sich verstärkt und differenziert dieser Zielgruppe zu widmen. FILMERNST sorgt dann schon dafür, dass diese Filme ihr Publikum finden: »Wintertochter« war der nach Besucherzahlen zweiterfolgreichste Film des Jahres 2011, »Kriegerin« hat jetzt bereits mehr als 3.500 FILMERNST-Besucher in über 30 Veranstaltungen.

Starke erste Runde

Die erste FILMERNST-Runde 2012 übertraf alle Erwartungen und zählte fast doppelt so viele Besucher wie im Jahr davor: reichlich 5.000 in fast 60 Veranstaltungen. Mehr als die Hälfte davon verbuchte »Kriegerin«, aber auch die beiden norwegischen Angebote für die Jüngeren und Jüngsten waren gut nachgefragt: Knapp 1.000 Kinder sahen »Magic Silver«, doppelt so viele begeisterten sich für »Anne liebt Philipp«.


Mehr als 1.800 Schülerinnen und Schüler besuchten die 17 Veranstaltungen von »Anne liebt Philipp« und sahen, was so alles schief gehen kann zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt – auch und gerade beim ersten Mal. Die norwegische Pubertäts-Komödie ist bestes skandinavisches Kinderkino – und dem Berliner farbfilm-Verleih gilt Dank für sein starkes Engagement in diesem Bereich.

Torwart-Probleme

Norwegisch kommt auch Runde 2: »The Liverpool Goalie oder: wie man die Schulzeit überlebt« (4.-7. Klasse) trägt vielleicht nicht den pädagogisch wertvollsten Titel im Rahmen eines Schulkinoprojekts. Doch geht's gar nicht so sehr um die Schule im Speziellen als um das Leben im Allgemeinen. Ausreden und Notlügen helfen dem 13-jährigen Jo nicht weiter, selbst die Sammelkarte mit Liverpools Torwart ist nicht der Schlüssel zum Glück. 


Man braucht kein Fußballfan zu sein, um diesen Film zu lieben: Sein Humor und sein Hintersinn sind nicht zu übertreffen.

»Liverpool Goalie« basiert auf einer Literaturvorlage (Lars Maehle: Der tunesische Torwart.) – und auch der Film für die Jüngsten hat Figuren und Motive aus Büchern auf die Leinwand übertragen.

»Yoko« (1.-4. Klasse)  ist – wie die Hexe Lilli – einer der populärsten Helden aus dem Universum des Kinderbuchautors Knister. In »Yoko« geht es um echte und falsche Tierliebe, vor allem aber um die Rettung eines bedrohten Freundes, die nicht allein, sondern nur mit vereinten Kräften gelingen kann. Der knuddlige weiße Yeti sagt zwar nicht viel, kann aber ansonsten eine ganze Menge – vorausgesetzt, er gerät nicht ins Schwitzen. 

Erste Anmeldungen liegen bereits vor: für beide Filme beispielsweise von der »Friedrich-Ludwig-Jahn-Grundschule« in Rathenow.

Mittlere Reife

Die Einladung zu einer Unterrichtseinheit der besonderen Art: »Jonas – Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!« (9.-13. Klasse) ist eine Reality-Komödie über ein authentisches Gesamtschul-Projekt. Der Schauspieler und Comedian Christian Ulmen verwandelte sich in einen 18-jährigen Schüler, der an der Zeuthener Gesamtschule »Paul Dessau« seine allerletzte Chance auf den Erwerb der Mittleren Reife nutzen möchte.


Sechs Wochen Lernen auf Bewährung – nicht für die Lehrer, sondern für das Leben. Jonas ist eine Fiktion, alles andere aber ist echt: Der Direktor und das Kollegium sind eingeweiht in das Rollenspiel, die Mitschüler erkennen den Promi nicht und glauben an eine Dokumentation. In der 10/1 erlebt Christian Ulmen = Jonas noch einmal all die Höhen und Tiefen des Schulalltags. Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) wurde »Jonas« mit dem Prädikat »besonders wertvoll« ausgezeichnet. 

FILMERNST hatte »Jonas« – im Auftrag des Verleihs – bereits vor dem Kinostart im Januar einige Male getestet – mit durchweg positiven Reaktionen. Ende März gab es eine Sondervorführung im LISUM und im Anschluss daran eine sehr angeregte Diskussion mit dem Regisseur Robert Wilde, dem Schulleiter Dr. Thomas Drescher sowie Kolleginnen und Kollegen der musikbetonten Gesamtschule »Paul Dessau«, Zeuthen.

Erste Anmeldungen kamen von der »Jean-Clermont-Oberschule« Oranienburg sowie der »Regine-Hildebrandt-Schule« Birkenwerder.


»Es gelingen Einblicke in den Schulalltag, die so wirken, als fühlten sich die Akteure unbeobachtet. So spürt man die Anspannung während der Mathearbeit und verfolgt gebannt die Meinungsverschiedenheiten um Welterklärungsmodelle mit der Lehrerin für Politische Bildung.« Cornelia Geißler, Berliner Zeitung

»Im Ulmen-Humor schwingt immer auch eine gewisse Distanz zu sich selbst mit, die wahre Subversion erst möglich macht ... In dieser Beziehung ist der Film wesentlich angenehmer als Machwerke wie ›Die Feuerzangenbowle‹, die Ulmen während der Dreharbeiten wahrscheinlich mitgedacht hat.«  Alexander Dahas, intro, Köln

»Was da im Fall der Paul-Dessau-Gesamtschule zum Vorschein kommt, kann schließlich jeden Schulalbtraum relativieren: Es ist gar nicht hässlich, sondern berührend und schön.« Tobias Kniebe, Süddeutsche Zeitung, München

»Als gelenkte Dokumentation will Ulmen „Jonas“ verstanden wissen. Jonas ist unser Auge. Er sieht, wie’s ist auf einer deutschen Schule. Ein Drehbuch gab es nicht.« Elmar Krekeler, Die Welt, Berlin

Aktueller Filmtip: »Tomboy«

Blau oder rosa, Fußball oder Ballet, wild oder brav? Junge oder Mädchen? Geschlechter-Klischees sind tief verankert und von zäher Langlebigkeit. Was aber, wenn es anders ist? Was, wenn eine Zehnjährige aussehen, wenn sie sein möchte wie ein Junge? Michael, mit diesem Namen stellt sie sich den anderen vor. Sie ist neu in der Stadt, noch sind Sommerferien, aber bald geht die Schule wieder los. Was wird dann mit der Wahrheit – der ihres Namens und der ihrer Identität? »Tomboy« erzählt sensibel und ohne einen falschen Ton die Geschichte dieses Mädchens, das lieber ein Junge wäre. Sehenswert! Ab 3. Mai in ausgewählten Kinos.


Der Begriff ›Tomboy‹ steht für ein Mädchen, das sich wie ein Junge kleidet, fühlt und benimmt.

Die französische Regisseurin Céline Sciamma hatte mit »Tomboy« einen Film im Sinn, der Identitätsprobleme während der Kindheit thematisiert. Sie hatte Lust auf einen kraftvollen Film, der von scharfen Gefühlskontrasten lebt.

»Tomboy« ist einfühlsam, berührend, von einer leisen, aber sehr untergründigen Spannung: Noch kann die Zehnjährige sich sehr gut als Junge ausgeben. Noch kann sie beim Fußball-spielen ihr Hemd ausziehen und wie die Jungen mit nacktem Oberkörper rumlaufen, ohne dass ein Unterschied zu merken wäre. Schwieriger wird es beim Baden: Sie muss ihren Badeanzug um das Oberteil kürzen und sich etwas einfallen lassen, was für die notwendige Beule in Michaels Hose sorgt. Die erste Umarmung, der erste Kuss. Die Gelegenheiten zur Entdeckung ihrer Identität nehmen zwangsläufig zu, und wir bangen, dass sie aus dieser Zwickmühle kommt.

Anders als erwartet, reagieren die Eltern. Die Mutter vor allem verlangt ihrer Tochter das Schwerste ab. Wenn das Kind zum Schluss einen scheinbar ganz einfachen, aber sehr bedeutungsschweren Satz sagt, so ist das keine Festlegung auf seine Identität und keine Entscheidung für sein weiteres Leben. Es ist ein Zeichen von Offenheit, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Für den Mut, sich zu bekennen und zu sich selbst zu stehen, ob als Junge oder als Mädchen.

»Tomboy« (Frankreich 2011). Regie: Céline Sciamma
Länge: 84 Minuten. FSK: ab 6

 

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9.–13. Jahrgangsstufe

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