2020
Geschlossene Gesellschaft
Im März 2020 endete unser Frühjahrsprogramm, kaum dass es begonnen hatte. Damals konnten wir nicht absehen, in welche Wellentäler wir geraten und vor allem, wann wir daraus wieder auftauchen würden. »Sehend lernen – Die Schule im Kino«, das wurde fast ein filmernster Totalausfall, mit ganz wenigen Möglichkeiten fürs Home-Viewing. Aus den Schulen erreichten uns aber immer wieder filmernst-freundliche Signale, die uns Mut …
… machten und uns die gute Gewissheit gaben: Wir werden gebraucht. Film und Kino sind eine Bereicherung des Unterrichts.
Gestartet waren wir ins Jahr 2020 mit Monty Pythons »Der Sinn des Lebens« – und vielleicht hätten uns da schon einige Glocken läuten sollen: »Wo ist der Spaß am Film? Hier ist der Abspann. Gute Nacht!«
Dabei hatte das Jahr doch so gut und hoffnungsvoll begonnen, kaum ein Mensch hatte von Wuhan und einem Virus gehört, geschweige denn sich Sorgen gemacht. Ganz normal eröffneten wir die SchulKinoWochen, zum ersten Mal mit einem Animationsfilm – und das aus besonderem Grund: Unsere FILMERNST-Verbündete von Anfang an, Beate Völcker, präsentierte uns »ihren Film«, an dem sie als Drehbuchautorin lange und gründlich gearbeitet hatte: »Fritzi – Eine Wendewundergeschichte«.
Ein Animationsfilm für Kinder, der – klug, einfühlsam und authentisch – vom historischen Herbst 89 erzählt. Davon, wie die Proteste und Demonstrationen von Leipzig aus das ganze Land ergriffen und die Mauer schließlich zum Einsturz brachten. Mehr als 150 Kinder – Viert- bis Sechstklässler – aus Kleinmachnower und Teltower Schulen verfolgten den Film mit großer Aufmerksamkeit und hatten im Anschluss viele kluge Fragen – auch an die Drehbuchautorin. Warum denn eine solche Mauer überhaupt gebaut werden musste und vor allem: Was denn heute getan werden müsse, damit nie wieder Mauern Städte oder Länder trennen.
Viel Stoff zum Weitererzählen und zum Nachfragen, im Unterricht und in der eigenen Familie. Geschichts- und Demokratiebildung im Kino.
Gewiss ganz im Sinne der Bildungsministerin des Landes Brandenburg, Britta Ernst, die als FILMERNST-Schirmherrin die SchulKinoWochen 2020 in den »Neuen Kammerspiele« Kleinmachnow offiziell eröffnet hatte.
Fotos: FILMERNST
Fast 14.000 Besucher in 161 Veranstaltungen der SchulKinoWochen – das war eine gute Bilanz und ein guter Ausblick auf das weitere Jahr. Die Flyer mit dem FILMERNST-Frühjahrsprogramm wurden Ende Februar an die Schulen versandt, doch irgendwie war schon zu spüren, dass hier etwas dräut. Einige wenige Veranstaltungen gab es noch Anfang März, doch am Freitag, dem 13. gingen dann nicht nur für uns die Lichter aus: Lockdown! Die Kinos geschlossen und keine Wiedereröffnung in Sicht. An den Fassaden großer Lichtspielhäuser war der prolongierte Stillstand zu beobachten: »Bond« im April, »Bond« im November, »Bond« gibt auf. Corona holt selbst Supermänner von den Beinen – und leider auch von den Leinwänden.
Fotos: FILMERNST
»Mit Kopfzerbrechen und Magengrummeln«, antwortete uns Wolfgang Jurk vom CAPITOL in Königs Wusterhausen auf die Frage, wie sie durch diese Zeiten kommen. Natürlich freuten sie sich über Förderungen und auf den Neustart, doch vieles, nicht nur die Hygieneregeln, würde anders sein als zuvor: »Das Einzige, womit wir punkten können: Kino als Gemeinschaftserlebnis des besonderen Films«. Alle Kinos haben sich während der Auszeit einiges einfallen lassen, um das Publikum bei der Stange zu halten. Besonders engen Kontakt zu ihren »Kulturgenossen« pflegten die »Neuen Kammerspiele« Kleinmachnow mit einem fast täglichen Quarantäne-Quiz. Wir hielten den Kontakt zu allen FILMERNST-Partnerkinos, machten uns gegenseitig Mut und versicherten uns unseres Beistands. Alle Kinos wollten – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Sicherheit wieder dabei sein, wenn schulfilmische Veranstaltungen wieder erlaubt sind. Doch das dauerte ...
Es war dann ein Novum, dass wir das fast ungespielte und ungesehene Frühjahrsprogramm im Herbst erneut anboten. Jeder der vier Filme hatte seine zweite Chance verdient, aber als die Hoffnungen keimten, erwischte uns der nächste Lockdown.
»Homeschooling« war angesagt und Distanzunterricht – und so haben wir uns zu jedem der vier Filme im Programm ein paar schöne Übungen ausgedacht, die leicht zu meistern sind, die Spaß machen und die dem FILMERNST-Motto in abgewandelter Form entsprechen: Sehend lernen – Die Schule nicht im Kino!
FILMERNST Frühjahrsprogramm 2020 (pdf)
FILMERNST Herbstprogramm 2020 (pdf)
Übungsblätter zum Download zu den Filmen:
Latte Igel
Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
The Peanut Butter Falcon
Idee und Gestaltung: Susanne Pomerance
Sehr gefreut haben wir uns, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Referat Infrastrukturförderung Schule mit seiner sehr informativen Webseite ganztagsschulen.org, nicht nur unsere Bemühungen im Lockdown registrierte und würdigte, sondern die Kolleg:innen uns sogar den Raum gaben für ein ausführliches Interview zur filmernsten Arbeit.
https://www.ganztagsschulen.org/de/39013.php (Bericht)
https://www.ganztagsschulen.org/de/39227.php (Interview)
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