FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

2008
Wellenbrecher und Blindgänger

Mit 5.500 Besuchern in 36 Veranstaltungen brach »Die Welle« alle Rekorde und schaffte den bis dahin – zumindest quantitativ – erfolgreichsten FILMERNST-Einsatz. Lehrer:innen berichteten von »tiefsichtigen Erkenntnissen auch über das eigene Gruppenverhalten«. Das gewaltsame Ende wurde sehr unterschiedlich bewertet: Einige fanden den Schluss im Buch glaubwürdiger, andere meinten, nur einem solchen Finale gelinge …


… wirklich Aufrüttelung. Die Gespräche nach diesem Film verdeutlichten vor allem eins: Die Diskussionen, auch der Streit über inhaltliche, künstlerische, ästhetische Kriterien sind für Filmbildung unerlässlich. Sie können direkt nach den Vorführungen, im Kino stattfinden, bedürfen aber der weiteren Vertiefung im Unterricht.



Fotos: Constantin Film Verleih


Ein weiterer Film, der in diesem Jahr bei FILMERNST Premiere hatte, bewies das ebenso: »Ben X« (Regie: Nic Balthazar) wurde zu dem Film über Mobbing, gewann über die Jahre an Bedeutung und kontinuierlicher Nachfrage.


Fotos: Kinowelt Filmverleih (Studiocanal)


Mittlerweile in 20 Spielorten des Landes Brandenburg präsent, erreichten FILMERNST immer mehr Anfragen zur Organisation und Gestaltung von Zusatz- und Sonderveranstaltungen, auch und vor allem als Bereicherung von Projekttagen und -wochen. Ein Beispiel dafür im Jahr 2008 war die Kooperation zwischen FILMERNST und dem Schulförderverein der Schule »Am Grünen Grund« Belzig e.V. mit einem vielfältigen Programm zum Thema »Leben mit Behinderungen«. Das Angebot reichte vom Bilderbuchkino für die Jüngsten über die DEFA-Produktion »Rückwärtslaufen kann ich auch« und den vielfach ausgezeichneten Kinderfilm »Die Blindgänger« bis zu »Kroko« und »Jenseits der Stille«.


Filme anschauen, darüber sprechen, weitere Anstöße geben und auch Berührungsängste abbauen: Das sind FILMERNST-Prinzipien, die an Tagen wie diesem in besondere Weise zum Tragen kamen und die für rund 500 Schüler:innen − mit und ohne Behinderungen − zum Erlebnis wurden. Die Moderationen und Spiele, die Gespräche (u.a. mit »Kroko«-Regisseurin Sylke Enders) und Gedanken im Anschluss an die acht Vorführungen vertieften das Gesehene und ließen die Eindrücke nachwirken.



Fotos: FLMERNST


»›Warum produziert eine Regisseurin einen Film mit Behinderten, und warum wird die Geschichte nicht vollständig zu Ende erzählt?‹ Solche Fragen bewegten gestern die Jugendlichen, nachdem sie ›Kroko‹ gesehen hatten. Dieser und weitere fünf Filme sind beim Aktionstag ›Leben mit Behinderungen‹ im Belziger Hofgarten-Kino für insgesamt 500 Kinder und Jugendliche gezeigt worden. Die Aktion wurde vom Ludwigsfelder Filmernst-Büro organisiert.«
Märkische Allgemeine Zeitung, 17.10. 2008




Und noch ein Höhepunkt in diesem für FILMERNST ereignisreichen Jahr 2008: »Sportsfreund Lötzsch«. Als »OV Speiche« wurde er bei der Staatssicherheit geführt – und seine Akte war enorm dick, 1.500 Seiten. Bis zu 50 IM waren auf ihn angesetzt, darunter auch falsche Freunde. Seine Wohnung wurde total verwanzt, zehn Monate saß er wegen »Staatsverleumdung« im berüchtigten Stasi-Gefängnis von Karl-Marx-Stadt. 17 Jahre fuhr er Rad gegen einen eisigen Wind. Von Sieg zu Sieg, aber nie über die Grenzen der DDR oder des Ostblocks hinaus, nie bei einem wirklich renommierten Rennen. Wolfgang Lötzsch war das wohl größte Talent im DDR-Radsport, doch als er in die Fänge der Stasi geriet, kam seine Karriere aus dem Tritt. Späte Gerechtigkeit: Seit 1995 ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes und – was ihn am meisten freuen dürfte – auch in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen worden.


Auszug aus der Stasi-Akte von Wolfgang Lötzsch


Wir hatten das Glück, mit Schüler:innen der Potsdamer »Peter-Joseph-Lenné Gesamtschule« und der »Carl-von-Ossietzky-Oberschule« Werder Wolfgang Lötzsch im Filmmuseum Potsdam erleben zu dürfen. »Der Film«, sagte dessen Held in potsdam-tv, »ist auch eine gewisse Anerkennung meiner Leistung – und es erfüllt mich mit Stolz, wenn das heute auch Schüler sehen und sich damit auseinandersetzen.«


Und Sandra Prechtel, die gemeinsam mit Sascha Hilpert Regie führte:
»Ich habe bei der FILMERNST-Vorführung meiner Filme erlebt, wie Schüler sich faszinieren lassen von einer Biografie, wie nahe ihnen dieses Leben aus einer vergangenen Zeit gehen kann. Wenn dann noch der Mensch, mit dem sie zwei Stunden im Kino mitgefühlt haben, vor ihnen sitzt und mit ihnen diskutiert, wird Geschichte buchstäblich lebendig.«



Foto: FILMERNST/pnn Manfred Thomas


2008
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