2013
CineFiesta: Oferta y demanda
Das Angebot war gut und die Nachfrage noch besser bei der sechsten Auflage des speziellen Programms für den Spanischunterricht. Der Dokumentarfilm »Cinco Caminos a Darío« (Fünf Wege zu Darío) brachte uns und dem Publikum eine ganz besondere Begegnung: mit dem in Hamburg lebenden Ecuadorianer Darío Aguirre. »Der fünffache Darío« präsentierte eine überaus amüsante Identitätssuche, die angeregte Diskussionen auslöste. Darío beschrieb …
… seine FILMERNST-Eindrücke später mit diesen Worten: »FILMERNST ist für mich, was ich mir als echten Bildungsauftrag vorstelle: direkter Kontakt zwischen Regie und jungen Zuschauern, gute Filmauswahl, eine tolle Organisation und eine Moderation, die Lust macht, mehr Filme in so einem Rahmen zu sehen. So macht es für alle Spaß, sich mit relevanten Fragen unserer Zeit zu beschäftigen. Die CineFiesta liegt mir ab jetzt besonderes am Herzen, da sie den kulturellen Austausch als Bereicherung praktiziert. Bei FILMERNST gewesen zu sein, hat mir die Hoffnung für die Zukunft des Kinos wiedererweckt! Weiter so!«
Die Moderatorin Hjördis Hornung hatte nach einer Vorführung von »Fünf Wege zu Darío« die Frage gestellt, wer in diesem Kinosaal denn selbst nicht so genau wisse, wer er sei. Die Schüler:innen sahen sich zunächst irritiert um. Niemand gab ein Zeichen. Dann, ganz zögerlich, hob doch jemand die Hand und meinte: »Ich bin mir manchmal nicht so sicher, wer ich bin. Je nachdem, wo ich mich aufhalte und mit wem ich rede, scheinen ganz andere Anteile in mir zu bestimmen, wie sehr ich gerade WER bin.«
Fotos: Real Fiction Filmverleih; FILMERNST
»Es una película que hace pensar sin dejar de ser divertida posicionándose contra prejuicios e intolerancia«, hieß es in unserem Flyer, mit dem wir für die CineFiesta 2011 für »Yo, también« warben. Auf Deutsch: Ein temperamentvoller, nachdenklich-heiterer Film gegen Vorurteile und Intoleranz. Für FILMERNST und die CineFiesta ein ganz wesentliches Kriterium des Programms.
Fotos: Movienet Film
FILMERNST-exklusiv gab es bei der CineFiesta 2013 drei Vorführungen des Animationsfilms »AninA« vom uruguayischen Regisseur Alfred Soderguit. Hierzulande war der (Ende 2013 für den Auslands-Oscar nominierte) Film zuvor nur auf der Berlinale, in der Kinderfilmsektion Kplus, zu sehen gewesen. Dort wurde er vor allem für Kinder der Klassen 1 und 2 empfohlen – und mit einer deutschen Übersetzung der Dialoge präsentiert. Die FILMERNST-CineFiesta zeigte den Film im spanischsprachigen Original für Schüler:innen ab Jahrgangsstufe 6, die also am Anfang ihres Spanischunterrichts stehen.
Anina, der Name ist ein Palindrom – und sprachspielerisch dreht sich im Film vieles um diese Stilfigur: Aninas Vater präsentiert seiner Tochter ein sehr langes Palindrom, das natürlich nur im Spanischen funktioniert:
a mama, roma le aviva el amor a papa, y a papa roma le aviva el amor a mama. Auf Deutsch: Rom hat Mamas Liebe zu Papa neu entfacht und für Papa hat Rom die Liebe zu Mama neu entfacht.
Fotos: Cine Global
Ein großes Plus war das von FILMERNST entwickelte und gestaltete Unterrichtsmaterial zu »AninA«. Die Einbeziehung dieses und anderer FILMERNST-Materialien in den Unterricht erfolgte aber nicht nur hierzulande, sondern auch weit entfernt: Das Projekt des Goethe-Instituts »SehenLernen: Deutsches Kino macht Schule« hat für latein- und südamerikanische Schulen die umfangreichen FILMERNST-Materialien zu »Wintertochter« und »Neukölln Unlimited« nicht nur ins Spanische übersetzt, sondern auch in der Praxis erprobt.
»Der Einsatz des Films ›Neukölln Unlimited‹ war ein großer Erfolg, weil er sich hervorragend eignete, um unserem Ziel, das Deutschlandbild in der Region ConoSur zu modernisieren«, schrieb Ines Patzig-Bartsch, die Leiterin des Projekts im Goethe-Institut Buenos Aires. Der Rapper – und provokanteste Protagonist des Neukölln-Films – Maradona Akkouch war als Gast des Goethe-Instituts in Lateinamerika. Dank der FILMERNST-Materialien konnte die Reihe »SehenLernen« auf inzwischen neun Filme erweitert werden. Für 2013 entschied sich das Projekt für den ebenfalls von FILMERNST empfohlenen und mit Material ausgestatteten »Westwind« von Robert Thalheim.
Die schulische Wertschätzung des CineFiesta-Angebots kam im Brief einer Spanisch-Lehrerin an der Berliner »Wilma-Rudolph-Oberschule« zum Ausdruck. Sie schrieb u.a.: »Ich möchte ich mich auf diesem Wege ganz herzlich bedanken, dass ich nun schon zum dritten Mal durch Sie und Ihr Programm mit immer einer anderen Spanischklasse jeweils einen sehr guten Film gesehen habe. Leider können wir Lehrer ja die Filme nicht vorher ansehen, so dass es immer ein Risiko ist, ob man den für die Gruppe ›richtigen‹ Film aussucht, aber genau deshalb, weil ich bisher nie von den von Ihnen vorgeschlagenen Filmen enttäuscht war, möchte ich mich herzlich für Ihren guten Geschmack und die inhaltlich wertvollen Filme bedanken (bei Ihnen und Ihrem Team). ›Cinco Caminos a Dario‹ war sogar für meine Anfängergruppe ein ansprechender Film, über den wir nach den Ferien weiter arbeiten werden …«!
Begonnen hatte das Jahr 2013 mit einer umfangreichen, alle Schulamtsbezirke des Landes Brandenburg einbeziehenden Veranstaltungsreihe mit einem filmischen Angebot zum Thema Inklusion. Anerkannt als Lehrer:innen-Fortbildung, waren es Nachmittags- bzw. Abendveranstaltungen für Lehrkräfte, Erzieher:innen, Sozialarbeiter:innen und auch am Thema interessierte Eltern – mit dem Dokumentarfilm »Berg Fidel – Eine Schule für alle«.
Fotos: W-film Distribution
Bei drei der insgesamt elf Veranstaltungen waren Gäste vom Filmteam dabei: die Regisseurin Hella Wenders, die Kamerafrau Merle Jothe und der Tonmann Luca Lucchesi. Sie konnten in besonderer Weise und aus erster Hand von der Entstehung des Films und den dort dargestellten schulischen Gegebenheiten berichten. Neun der elf Veranstaltungen wurden von Hansjörg Behrendt, dem ehemaligen Schulleiter der »Regine-Hildebrandt-Schule« Birkenwerder, mit großer schulischer Inklusions-Expertise und viel Leidenschaft moderiert.
Die Resonanz auf das Angebot und die Teilnahme an den Veranstaltungen war für fast alleTermine überdurchschnittlich stark und positiv. In den meisten Orten überstieg die Zahl der Teilnehmer:innen die der Anmeldungen sehr deutlich, zum Auftakt in Prenzlau erschienen fast doppelt so viele Besucher:innen wie vom Schulamt avisiert. Insgesamt zählten die elf Veranstaltungen mehr als 1.200 Besucher.
Fotos: FILMERNST
» ... war eine sehr schöne Erfahrung, vor allem, weil wir die Macher von der Initiative FILMERNST kennengelernt haben! [… ] Ich fand die Diskussion [in Bad Belzig] sehr lebendig, wenn auch viele skeptische Lehrer anwesend waren, die einfach nicht glauben konnten, dass Berg Fidel nicht mehr Mittel hat als andere Schulen. Herr Behrendt, ehemaliger Schulleiter der Regine-Hildebrandt-Schule, hat sogar eine Botschaft von Schulleiter Reinhard Stähling verlesen, aber auch das war nicht überzeugend. Da konnte ich dann nur noch sagen, man muss es wollen und einfach machen. Nicht sich an selbst auferlegten Beschränkungen aufhalten. FILMERNST-Moderator Sven-Ole Knuth zitierte auf der Rückfahrt im Auto so schön: Wer etwas will, sucht Wege! Wer etwas nicht will, sucht Gründe. Trotz dieser Reaktionen glaube ich, dass die Zuschauer den Film sehr mochten und er ihnen ein Stück Mut gegeben hat. Sie hätten sich gerne noch einen Film über den Unterricht gewünscht, wie die Grundschule Berg Fidel es schafft, so zu arbeiten.« Hella Wenders, Regisseurin
»Berg Fidel« jedenfalls, das konnte die FILMERNST-Tour durch das Land Brandenburg eindrucksvoll beweisen, war (und ist) ein wunderbarer Beitrag zum Thema schulische Inklusion, der Impulse setzen und Mut machen kann. Das kam nicht zuletzt auch in einem Brief zum Ausdruck, den uns die Oma eines Jungen schrieb, der als Kind mit Down-Syndrom die »Spreewald-Schule« in Burg besucht(e): »Für mich persönlich steht nach Ihrer Veranstaltung im Cottbusser ›Weltspiegel‹ und den Entscheidungen der Landesregierung zur Inklusion in den letzten Wochen fest: Ich muss mich aktiv auch außerhalb unserer Familie diesem Thema widmen!«
Presse-Echo zu den FILMERNST-Veranstaltungen mit »Berg Fidel«
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