2017
Keine Kunst?
Kunst ist tradiertes Unterrichtsfach, anerkannt und gewürdigt für seinen Beitrag zur Entwicklung einer Persönlichkeit. »Sehend lernen – Die Schule im Kino« könnte daher auch ein substantieller Beitrag zum Kunst-Unterricht sein. Allerdings nutzen nur sehr wenige Lehrkräfte das FILMERNST-Angebot gezielt für dieses Fach. Das wollten wir ändern, mit einem ganz der Bildenden Kunst verschriebenen Zusatzprogramm …
Die Auswahl von lediglich vier Filmen war alles andere als einfach. Sie überspannen fast ein halbes Jahrtausend Kunstgeschichte und obwohl sie zeitlich weit auseinanderliegen, haben sie erstaunlich viele, markante Berührungspunkte. Künstler und Macht, Künstler und Ideologie, Künstler, die ein Kreuz zu tragen haben. Es sind Filme und Künstler, die Fragen stellen, die provozieren, die die Betrachter:innen und Zuschauer:innen zum Denken herausfordern: ein Dokumentarfilm über den legendären Joseph Beuys, ein weiterer über die unvergleichlich-provokante Performance-Künstlerin Marina Abramovic – sowie zwei ganz außergewöhnliche Spielfilme: »Die Mühle und das Kreuz« (Regie: Lech Majewski) zu einem berühmten Brueghel-Gemälde und »Goya« (Regie: Konrad Wolf), einer der opulentesten DEFA-Filme überhaupt.
»Performance erfordert einen emotionalen Dialog«, ist Marina Abramović überzeugt – und genau zu diesem Dialog wollten wir die Lehrer:innen mit ihren Schüler:innen einladen, leider ohne Erfolg. Es blieb dabei, was – anonyme – Online-Befragungen bereits zuvor verdeutlicht hatten, klare Verhältnisse nämlich: Die schulischen Kino- und Filmbesuche sind zu 70 Prozent für »Deutsch« relevant, zu 15 Prozent für »L-E-R« und lediglich zu jeweils sieben Prozent für »Geschichte« und »Kunst«.
Wir bieten das Kunst-Sonderprogramm, wie auch alle anderen Zusatz- und Sonderprogramme, weiterhin an. Steter Tropfen füllt den Krug!
Fotos: Piffl Medien/zero one film
FILMERNST-Flyer: 4 Künstler – 4 Filme
Begonnen hatten wir das Jahr gewissermaßen »Auf Augenhöhe«, dem Spielfilm-Debüt des in Potsdam lebenden Regie-Duos Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf. Zum Auftakt der SchulKinoWochen war der Saal im Filmmuseum Potsdam rappelvoll, im Anschluss an die Vorführung gab es viele Fragen: Wie verhält man sich, wenn der lange gesuchte und vermisste Vater zwar endlich gefunden wird, aber ganz und gar nicht an die hohen Erwartungen und Hoffnungen des Sohnes heranreicht, weil er kleinwüchsig ist? Was ist schon normal? Ein Film und eine Geschichte, die kleine Personen in jeder Beziehung weit über sich hinauswachsen lassen.
Fotos: FILMERNST
Auf gleich vier FILMERNST-SchulKinoWochen-Einsätze brachte es Robert Heber, Absolvent der Filmuniversität »Konrad Wolf«, mit seinem Debüt »Das richtige Leben«. Für die Schüler:innen des »Carl-Bechstein-Gymnasiums« Erkner war die Begegnung mit dem jungen Regisseur ein besonderes Erlebnis. Sie diskutierten mit ihm das Für und Wider: Wie kann es gelingen, das richtige Leben? Was gehört dazu? Oder anders gefragt: Was wäre ein falsches Leben? Der Film hatte das Romeo-und-Julia-Schicksal eines jungen Paares in der Oberlausitz vor Augen geführt – und die große Versuchung eines 19-Jährigen, als grenzüberschreitender Drogenkurier das schnelle Geld zu machen. Dass dieses Glück auf Sand gebaut ist, darüber waren sich die Zuschauer einig. Weit weniger einig waren sie sich, wie das Ende dieses Films sein sollte: eher offen zum Nach- und Weiterdenken, so wie es der Regisseur beabsichtigt hatte und bei vielen auch gut ankam – oder doch mit eindeutigen Bildern und Worten vorgegeben?
Fotos: © Andrej Johannes Thieme & Filmuniversität Babelsberg
Im April 2017, und das war kein Aprilscherz, hatte es FILMERNST in die Hauptstadtpresse geschafft – und das gleich mit einem großen Beitrag in eine Wochenendausgabe der »Berliner Zeitung«. Wir dachten, das nimmt keiner wahr, aber es waren doch etliche, die sich freuten, von uns zu lesen. Insofern gibt's jetzt den Beitrag noch mal für alle – mit dem Bild vom Dach der »Neuen Kammerspiele« Kleinmachnow, auf dem zu sehen ist, dass wir mit den Kinos im Land Brandenburg hoch hinauswollen.
»Unterricht im Kino« – »Berliner Zeitung« über FILMERNST (pdf)
Foto: Gerd Engelsmann/Berliner Zeitung
Im September war es mal wieder soweit: Ministerpräsident Dietmar Woidke gab nach einer Kabinettssitzung einen Wechsel an der Spitze des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport bekannt. Die frühere schleswig-holsteinische Bildungsministerin Britta Ernst übernahm das Amt von Günter Baaske, der persönlicher Gründe wegen zurücktrat.
Schon vom Namen her passte das nun perfekt zu FILMERNST, wenn die neue Ministerin die Schirmherrschaft fortführen würde. Sie nahm den Schirm, wie auf Bildern von späteren Begegnungen zu sehen sein wird, und spannte ihn auf für uns. »Schirmherrin« ist natürlich ein Widerspruch in sich, aber Schirmx – analog zum Vorschlag von Gender-Professx Lann Hornscheidt von der Humboldt-Universität – wollten wir sie auch nicht nennen. So heißt es eben: FILMERNST: Ein Projekt unter der Schirmherrschaft von Bildungsministerin Britta Ernst.
Fotos: FILMERNST
35.050 Besucher