FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

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Wo ist der Spaß am Film?

Das hatten wir in unserem diesjährigen FILMERNST-Neujahrsgruß gefragt – und das Ende von Monty Pythons Kultfilm »Der Sinn des Lebens« zitiert: »Seien Sie nett zu Ihren Nachbarn, vermeiden Sie fettes Essen, lesen Sie ein paar gute Bücher, machen Sie Spaziergänge und versuchen Sie, in Frieden und Harmonie mit Menschen jeden Glaubens und jeder Nation zu leben.« Wir freuten uns für 2020 auf viel Spaß am Film – mit Gesprächen über den Sinn des Lebens nach dem Abspann. Und nun?


Die Kinos sind zu und die Not ist groß. Zum Glück sind wir im Hölderlin-Jahr und können uns zurufen: »Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch« – Verse aus seiner 1803 vollendeten Hymne »Patmos«. Diese Zuversicht machen wir uns zu eigen in diesen Tagen.

Hölderlin verdiente sich zu Zeiten sein Auskommen mit »Homeschooling«. In Ausübung seines Dienstes als Hauslehrer begegnete er in Frankfurt am Main der Liebe seines Lebens. Susette, die Gattin des Bankiers Gontard, wurde für ihn »Diotima«.

Gelesen und gehört wird sein hoher Ton – »Doch der ewge Keim entfaltet / Bald zu neuer Blüte sich« – heute viel zu wenig. Also nähern wir uns dem Dichter-Genie über den Film. 1985 kam einer der schönsten DEFA-Filme, »Hälfte des Lebens«, in die Kinos der DDR und wurde ein großer Erfolg, mit Ulrich Mühe und Jenny Gröllmann in den Hauptrollen.

Zu empfehlen und zu sehen auf DVD oder Bluray, aber auch bei amazon prime oder alleskino.de. Schauen Sie sich den Trailer an!




Regisseur Herrmann Zschoche und Drehbuchautorin Christa Kożik wurden übrigens 2014 für »Hälfte des Lebens« mit dem »Hölderlin-Ring« geehrt. Beide waren auch mehrmals bei FILMERNST zu Gast, allerdings nicht mit Hölderlin, sondern mit Shakespeare, in »Sieben Sommersprossen«.




Fotos: Hälfte des Lebens DEFA-Stiftung / Fotograf: Jörg Erkens und FILMERNST

»Schule dahoam«

So möchte der Leiter einer bayerischen Realschule gern bezeichnen, was wir gerade erleben. Das treffe es besser als »Homeschooling«, bei dem die Eltern ja das Lernen und die Bildung ihrer Kinder freiwillig selbst übernehmen und das nicht den Schulen überlassen wollen. Anders als in anderen Ländern ist das hierzulande bei Strafe untersagt, aber nun im Millionen-Experiment erlaubt und gefordert. Manche Eltern fühlten sich ja immer schon als die besseren Lehrer – und können nun beweisen, was in ihnen steckt. Schnell …


… wird gerade allen »Seiteneinsteigern« im häuslichen Lehramt bewusst, was Schule tagtäglich erfordert und leistet. Schnell kann da der gute Wille erlahmen und der Ruf nach Disziplin und Ordnung im Rahmen des Möglichen ungehört verhallen. Ebenso schnell wächst hoffentlich die Wertschätzung des Lehrerberufs, dessen Sozialprestige über die Jahre nicht wenig gelitten hat.


Die berühmte Elternfrage: »Wie war's in der Schule?« – mit der knappsten aller Antworten: »Gut!« – können sich die Eltern nun selbst beantworten und die Bilder des Tages dabei einrechnen: Es bedarf großer Mühe, professioneller Ausbildung und Erfahrung, auch Leidenschaft und Durchhaltevermögen, um den Lernstoff mit Erfolg an die Kinder zu vermitteln und sie zum Lernen zu motivieren.

Die schulische Grundversorgung daheim geht weiter, wie lange sie dauern wird und um welchen Preis, das lässt sich zur Zeit noch nicht absehen. Die Digitalisierung ist hierbei eine höchst willkommene Unterstützung, aber das Fernlernen auf und mit digitalen Kanälen ersetzt keinen Unterricht. Auch den Schülerinnen und Schülern fehlt die spezielle schulische Atmosphäre, es fehlen die Pausen, die Sitznachbarn, die direkten Gespräche. Also hoffen wir auf möglichst starke Nerven, bei »Heimlehrern« und »Heimschülern«, und auf einen Zuwachs an Wissen auch in dieser Zeit. Einen Zuwachs an Erfahrungen im Ausnahmezustand gibt es auf alle Fälle – und auch das heißt ja: fürs Leben lernen.

Bitkom, der Digitalverband Deutschlands, hat auf seiner Seite eine Menge praktikabler Hinweise, Links zum digitalen Unterricht.

Für Unterhaltung beim Unterricht daheim können ganz sicher Playmobil-Pausen sorgen: Seit Jahren stellt der Münchner Michael Sommer – mittlerweile präsentiert bei Reclam – seine grandiosen Videos zu ausgewählten Werken der Weltliteratur auf youtube. Mittlerweile gibt es bereits mehr als 300 Titel, im Wochentakt kommt ein neuer hinzu. Die Originalwebseite finden Sie hier.




Auch seine Playmobil-Tutorials lassen sich zum Lernen oder für die Prüfungsvorbereitung aufs Deutsch-Abitur wunderbar nutzen. Vielleicht auch eine Anregung zum Selbst- und Nachspielen – und möglicherweise wollen ja einige von Ihnen Ihre Schülerinnen und Schüler zu eigenen Kreationen anregen. Falls es die dann gibt, freuen wir uns über Rückmeldungen.

Da wir bei Hölderlin auf Shakespeare und »Sieben Sommersprossen« kamen, hier der Link zu »Romeo und Julia«.


Zu weiteren Videos fürs Deutsch-Abi geht's hier: »Lyrik, Lyrik« und »Drama, Baby«.


Fotos: Homeschooling: Photo by Annie Spratt on Unsplash und Playmobil to go: http://sommers-weltliteratur.de/

Bacillus und Bleifus

Wer oder was es gerade ohne Corona-Bezug in die Hauptnachrichtensendungen schafft, muss schon was ganz Besonderes sein. So wie Albert Uderzo, der kürzlich im Alter von 92 friedlich entschlafen ist. Eine Verbindung mit dem Corona-Virus gebe es nicht, wie seine Familie sagte. Albert Uderzo, der Zeichner, und René Goscinny, der Geschichtenerzähler, waren die Väter von »Asterix und Obelix«, ihre gallischen Helden sind weltbekannt und überdauern ihre Schöpfer. Werden in neuen Abenteuern neue Figuren eingeführt …


… bekommen sie markante Namen. Wie also heißt der römische Bösewicht im Band 37, »Asterix in Italien«? Der sich mit einer Maske verhüllende, skrupellose Wagenlenker wird von der ihn frenetisch anfeuernden Menge »Coronavirus« gerufen, sein Beifahrer »Bacillus«. Falls Sie jetzt den (deutschen, bei Egmont Ehapa erschienenen) Band hervorholen und nachschauen, werden Sie das allerdings nicht lesen. »Coronavirus« und »Bacillus« gibt es nur in den französischen und englischen Ausgaben. Im Deutschen musste der Name zwar auch mit einem C anfangen und auf -us enden, aber daraus wurden dann »Caligarius« und »Bleifus«. Der Übersetzer Klaus Jöken begründete das – in der Zeitung »Die Welt« – so: »Wir Deutsche empfinden Krankheiten als etwas sehr Unappetitliches, Ekliges. Für Franzosen ist ein Virus eher Synonym für etwas Gefährliches und Gemeines.«

Ob diese nationalen Unterschiede noch immer bestehen, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Wir alle bedanken uns bei und verneigen uns vor Albert Uderzo.



Bilder: Egmont Ehapa Media GmbH, Berlin; Astérix et la Transitalique. Scénario: Jean-Yves Ferri – Dessins: Didier Conrad. Editeur: Les Editions Albert René, Paris

Kino wird sein

Nein, »Jürgen« kann wirklich nichts dafür. Mit klarer, sauberer Luft, mit strahlend blauem Himmel und schönstem Sonnenschein gibt das Hoch sein Bestes – und kommt doch wie ein Tief daher: nicht das Wetter, sondern das Leben im Ausnahmezustand. In all den filmernsten Jahren haben wir meist zum Frühlingsanfang einen Rundbrief versandt: mit viel Elan und Zuversicht, mit Lust auf die neuen Filme, auf »Sehend lernen – die Schule im Kino«. Nun ist alles anders: keine Schule, keine Filme, keine Kinos. Corona. Ein paar Tage ...


… fehlten uns die Worte, was wir denn nun machen, wie es weitergeht. Verlässliche Antworten, das wissen Sie so gut wie wir, wird es so schnell keine geben und sicher auch keine FILMERNST-Veranstaltungen in unseren Partnerkinos. Dennoch möchten wir gern mit Ihnen in Kontakt bleiben, um uns gegenseitig zu bestärken, Mut zu machen und um vielleicht auch über Filme, Projekte, Veranstaltungen zu reden, die es hoffentlich bald schon wieder geben wird. Deshalb wollen und werden wir uns etwas öfter als sonst mit einem Rundbrief bei Ihnen melden: natürlich mit Hinweisen auf alles rund um den Film und den FILMERNST, aber auch mit anderen interessanten, nachdenklichen und vielleicht auch etwas erheiternden Informationen in diesen schweren Zeiten. Kino wird sein – mit FILMERNST und unseren gerade arg gebeutelten Partnerkinos. Wir stehen fest an eurer Seite!

Wann es – mit welchen konkreten Terminen in den jeweiligen Orten – weitergeht, erfahren Sie natürlich auch per Rundbrief und auf unserer Webseite. Alle bis jetzt angegebenen April-, Mai- und Juni-Termine stehen unter »Corona-Vorbehalt«.

Und, für den Anfang und hier zum Schluss, noch eine Idee: Bislang sind wir ja zumeist per Telefon miteinander in Kontakt gekommen, haben uns also nur gesprochen. Sind wir uns dann auf einer Veranstaltung begegnet, hieß es oft: »Ach, Sie sind also FILMERNST? Jetzt habe ich endlich ein Gesicht, wenn wir uns das nächste Mal am Telefon sprechen.«

Wie wäre es daher – in Zeiten der »sozialen Distanz« oder eher der räumlichen Entfernung – mit einer erweiterten Form der Kommunikation, digital per Skype?

Gesprächsstoff gibt es ja gerade mehr als genug. Wir wüssten sehr gerne, wie es Ihnen in diesen Tagen – mit digitalem »Fernunterricht« – geht und wie wir Sie in dieser Beziehung auf filmernste Art und Weise unterstützen könnten.

Jana Hornung erreichen Sie telefonisch unter 03378 209 161 – mit ihr können Sie sich für den direkten Kontakt über Skype verabreden.

Lassen Sie es uns gemeinsam versuchen!



Foto: FILMERNST

Nah am Wasser gebaut

Als wir Anfang März die aktuellen FILMERNST-Programme in die Schulen des Landes versandten, schieben wir im Begleitbrief: »Das Kino lebt – trotz aller Streaming-Dienste. Die große Leinwand, die spezielle Kino-Atmosphäre haben ihren Reiz: In 19 europäischen Ländern sind die Besucherzahlen gestiegen.« Keine drei Wochen später müsste es heißen: Der Film lebt – vor allem dank der Streaming-Dienste. Niemals zuvor ist soviel abgerufen worden wie gerade jetzt, die großen Anbieter …


... Netflix, Youtube, Amazon, Apple und Disney drosseln ihre Übertragungsmengen und streamen mit reduzierter Bitrate. Gerade ist mit Disney+ ein weiterer Mega-Player in Deutschland gestartet, hier wird angeboten, was auch im Kino schon höchst erfolgreich war und von Millionen gesehen wurde. Klassiker wie »Cinderella«, »Das Dschungelbuch« und »Arielle, die Meerjungfrau«, aber auch »Die Eiskönigin – Völlig unverfroren« und «Rapunzel«, nicht zuletzt »Captain Marvel«, »Guardians of the Galaxy« und »Avengers: Endgame«. Blockbuster wie diese haben dazu beigetragen, dass in Deutschland im vergangenen Jahr fast 119 Millionen Kino-Eintrittskarten verkauft wurden – 13 Millionen mehr als im Jahr zuvor.

Keiner dieser Mega-Erfolge lief bei FILMERNST, gleichwohl auch nach diesen Filmen Filmgespräche möglich wären und sich Anknüpfungspunkte für den Unterricht ergäben. FILMERNST aber setzt in seiner Auswahl und seiner Arbeit zumeist auf Filme, die es im normalen Kinobetrieb schwerer haben, die weniger Abspielplätze und damit Besucher finden. FILMERNST setzt auf die kleinen Perlen im riesigen Angebot. Auf Filme, die es wert sind, gesehen zu werden, und die geeignet sind, um über Inhalte und Formen zu sprechen.

Das aktuelle FILMERNST-Programm ist gewissermaßen nahe am Wasser gebaut. Alle vier Filme haben in irgendeiner Weise mit dem nassen Element zu tun.

»Latte Igel und der magische Wasserstein« (empf. für 1.-3. Klasse) führt diesen Bezug ja gleich im Titel. Wasser ist schon lange knapp im Wald, die Versammlung der Tiere weiß keinen Rat, und was der Kolkrabe orakelt, wird ins Land der Legende verwiesen: Keiner will glauben, dass der Bärenkönig Bantur einen Wasserstein in seinem Palast versteckt. Die große Chance für das Igel-Mädchen Latte. »Auch der Wald hat seine Greta«, wie in einer begeisterten Kritik zu lesen war.


»Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess« (empf. für 4.-7. Klasse) erlebte im vergangenen Jahr zur Berlinale seine internationale Premiere und holte sich seitdem weltweit Festival-Preise. Hierzulande startet der Film Ende April in den Kinos – und anschließend gleich bei FILMERNST. Der zehnjährige Sam verbringt den Sommerurlaub mit seiner Familie auf einer westfriesischen Insel, und als er hier auf ein Mädchen trifft, geraten all sein Vorsätze ins Wanken. Lustig und lebensklug – auf Augenhöhe mit seinem Publikum.

»Als Hitler das rosa Kaninchen stahl« (empf. für 4.-8. Klasse) bietet Bilder vor imposantester schweizer Alpenkulisse, doch das Idyllische trügt. Die Familie Kemper ist auf der Flucht, am Ende sehen wir sie auf der Fähre im Ärmelkanal, die Kreidefelsen von Dover versprechen die Freiheit. Nach dem Klassiker von Judith Kerr ist dies ein packend-gegenwärtiger Film voller Licht, Mut und Optimismus – eine in jeder Beziehung gelungene Literaturverfilmung.

»The Peanut Butter Falcon« (empf. für 8.-13. Klasse) agiert fernab von Hollywood. Er nimmt uns mit auf die Flüsse und in die Sümpfe von North Carolina. Es geht um Anerkennung und Teilhabe, um Respekt und Toleranz. Diversität und Inklusion in einem Road-Movie auf dem Wasser, herz-erwärmend, komisch, Mut machend. Ein ganz großartiger kleiner Film.


Vorerst können wir Ihnen nur ein wenig Appetit auf diese vier Filme machen, indem Sie sich hier auf der Webseite, in der Datenbank, die Trailer anschauen und die Kritiken lesen. Die ersten Anmeldungen haben uns ja bereits erreicht, aber die Veranstaltungen bis Ostern mussten wir ja definitiv absagen. Ganz bestimmt aber werden wir diese vier Filme, auch in den Herbst hinein, weiter anbieten und sehr für die schulfilmische Arbeit empfehlen.


Foto: FILMERNST

Filmbildung zu Hause

Zum 14. Male bereits gab es im Januar SchulKinoWochen im Land Brandenburg. Zum Glück haben wir diesen ersten filmischen Höhepunkt des Jahres noch gänzlich virenfrei über die Bühne gebracht. In Bayern hätte das Ereignis diese Woche stattfinden sollen – und musste natürlich ausfallen. Wir konnten unserem Kooperationspartner VISION KINO am Ende von 161 Veranstaltungen mit rund 14.000 Schülerinnen und Schülern berichten, ein gutes Ergebnis. VISION KINO hat aus gegebenem Anlass gerade eine Menge Tipps …


… und Ideen für Filmbildungs-Aktivitäten zusammengestellt, die einfach umzusetzen sind, Spaß machen und außerdem die Welt des Films in verschiedenen Facetten eröffnen.

»In der aktuellen Situation wird uns schmerzlich bewusst, wie wichtig der kulturelle und diskursive Ort Kino ist! Gleichzeitig wollen wir die Zeit als Chance begreifen, auf die Vielfalt der Online-Filmbildungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen, die in den privaten (Lern)Räumen genutzt werden können«, so Leopold Grün, der neue Geschäftsführer von VISION KINO.

Kinder und Jugendliche können die Anregungen und Vorschläge je nach Alter ohne oder mit nur wenig Unterstützung umsetzen. Dabei wird Filmwissen, kritisches Denken, Kreativität, Lese- und Schreibfähigkeit, Feinmotorik und vieles mehr gefördert. In den kommenden Tagen, so heißt es, werde die Seite laufend ergänzt und erweitert.

Hier geht's zur Filmbildung zu Hause

Außerdem weist VISION KINO auf die kostenlose, vierwöchige Fortbildung auf der internationalen Lernplattform »Future Learn« hin.

Foto: Anna Shvets von Pexels

Wie Checker-Tobi: Wir wollen's wissen …

… und brauchen Ihre Unterstützung für die Auswertung der SchulKinoWochen im Land Brandenburg. Ein ganz großer Dank zunächst an alle, die sich beteiligt haben. Mehr als 150 Veranstaltungen in 14 Tagen, das war schon eine ziemliche Herausforderung. Von ein paar kleineren Pannen abgesehen, können wir alles in allem sehr zufrieden sein: Rund 14.000 Gäste sind spitze!


Bei etlichen Veranstaltungen gab es Moderationen und Filmgespräche, hier erhielten wir schon die direktesten Rückmeldungen – sowohl Lob als auch Kritik. Für die qualifizierte Evaluierung des Projekts hat VISION KINO aber auch eine (anonyme) Online-Befragung entwickelt – und so möchten wir Sie herzlich um Ihre Mitwirkung bitten.

Hier können Sie sich an der Umfrage beteiligen:
https://www.surveymonkey.de/r/SKW1920L

Eine ganze Reihe von Ihnen hat das bereits getan, dafür danken wir Ihnen sehr herzlich. Ihre Auskünfte und Anregungen, Vorschläge und Wünsche helfen uns sehr. Die Daten werden vertraulich behandelt und ausschließlich zu internen Auswertungszwecken verwendet.

Danke – und bis zum nächsten FILMERNST-Rundbrief – mit einer ausführlicheren Auswertung der SchulKinoWochen – die herzlichsten Grüße!

Wendewunder auf der Leinwand

Sie sind eröffnet, die 14. SchulKinoWochen im Land Brandenburg – und das gewissermaßen an historischem Ort: Keinen halben Kilometer vom Kino »Neue Kammerspiele« entfernt, trennte die Mauer den Berliner Bezirk Zehlendorf vom brandenburgischen Kleinmachnow. Kaum ein Film hätte daher wohl passender sein können für den SchulKinoWochen-Auftakt als »Fritzi – Eine Wendewundergeschichte«. Ein Animationsfilm für Kinder ...



... der – klug, einfühlsam, und authentisch – vom historischen Herbst 89 erzählt. Davon, wie die Proteste und Demonstrationen von Leipzig aus das ganze Land ergriffen und die Mauer schließlich zum Einsturz brachten. Mehr als 150 Kinder – Viert- bis Sechstklässler – aus Kleinmachnower und Teltower Schulen verfolgten den Film mit großer Aufmerksamkeit und hatten im Anschluss viele kluge Fragen – u.a. an die Drehbuchautorin Beate Völcker. Warum denn eine solche Mauer überhaupt gebaut werden musste und vor allem: Was denn heute getan werden müsse, damit nie wieder Mauern Städte oder Länder trennen. Auch die filmischen Fragen zeugten von genauer Beobachtung und großer Aufmerksamkeit: Wie kann es denn sein, dass ein Auto durch die Luft fliegt – unten aber Reifenspuren zu sehen sind? Viel Stoff zum Weitererzählen und zum Nachfragen, im Unterricht und in der eigenen Familie. Geschichts- und Demokratiebildung im Kino. Ganz im Sinne sicher der Bildungsministerin des Landes Brandenburg, Britta Ernst, die als FILMERNST-Schirmherrin die SchulKinoWochen 2020 offiziell eröffnete. Bis zum 30. Januar gibt es in 30 Kinos des Landes rund 200 Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen.


Fotos: FILMERNST/Clemens Plaschke


Neujahrsbotschaft

Es ist vollbracht: Brexit Is Done – und deshalb kommt unser Neujahrsgruß irrsinnig britisch daher. Zwar hatten wir noch nie einen ihrer Filme in unserem Programm (wahrscheinlich nehmen wir das Leben zu filmernst), aber wann, wenn nicht jetzt wäre die Zeit für Monty Pythons »Sinn des Lebens« – die kurz vor dem Abspann fragen: »Wo ist der Spaß am Film?«















»Fritzi« und 29 andere

»Fritzi – Eine Wendewundergeschichte« ist – im Rahmen der nächsten SchulKinoWochen – Teil eines Schwerpunkts zum 30. Jahrestag von Mauerfall und friedlicher Revolution. Das Programmheft wurde Anfang des Monats an alle Schulen versandt, inzwischen können wir schon Anmeldungen für mehr als 2.000 Besucher registrieren, 500 davon allein für »Fritzi«. Insgesamt sind 30 thematisch wie künstlerisch anspruchsvolle Filme …



... für alle Jahrgangsstufen im Angebot, darunter streitbare Dokumentarfilme zu Klima- und Umweltschutz und nicht zuletzt vielfach ausgezeichnete, nach Literaturvorlagen entstandene Kinderfilme wie »Alfons Zitterbacke – Das Chaos ist zurück« oder »Mein Lotta-Leben«.


Zwei Perlen des Kinder- und Jugendfilms sind einmal die vom Weimarer Regisseur Markus Dietrich mit Herzblut inszenierte »Invisible Sue« und zum anderen der italienische »Tito, der Professor und die Aliens«. Auch weitere großartige Literaturadaptionen – wie »Pünktchen und Anton« oder »Tschick« – bereichern das Angebot. Hochaktuell, im Lichte gesellschaftspolitischer Debatten und Kontroversen, ist ein Film wie »Wir sind jung. Wir sind stark«. Ganz besonders am Herzen liegen uns auch Filme – »Roads« oder »Styx« – die erschütternd-beeindruckende Flucht- und Migrationsgeschichten erzählen. Alle Filme finden Sie auf dieser Webseite, hier können Sie sich auch direkt online anmelden. Wir freuen uns natürlich über anhaltend große Resonanz; auch für Beratungen zu »Wunschfilmen« können Sie sich gern an uns wenden.

»Matti« und ein anderer

Eigentlich gibt es die die SchulkinoWochen im gesamten Land Brandenburg. Leider, wir hatten bereits darüber informiert, sind seit letztem Durchgang einige Kinos nicht mehr mit von der Partie. Prenzlau konnten wir, dank Unterstützung der Stadt und ihres Bürgermeisters, gewissermaßen filmernst »retten«, Neuruppin, Oranienburg und Brandenburg/Havel noch nicht. Immerhin haben wir zumindest für Oranienburg ein kleines »Trostpflaster« im Angebot: Als Nikolaus-Überraschung gibt es im »Filmpalast« …


... am 6. Dezember die kostenfreie Vorführung des Kinderfilms »Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums«. Der Ansturm auf dieses Angebot hat uns förmlich überrannt und höchst erfreut: Mehr als 850 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Schulen Oranienburgs und Umgebung sind angemeldet und werden den Film sehen.

Eine Vorführung reicht natürlich bei dieser Zuschauermenge nicht aus, so dass wir, auch dank des großen Engagements des Kinoleiters Mario Nazahn, noch eine zweite Vorführung organisieren konnten. Für diese Veranstaltung (Beginn: 11:15 Uhr) sind jetzt noch 115 Plätze frei. Auch hier führen die Online-Anmeldungen am schnellsten zum Erfolg!

Wir sehen uns im »Filmpalast« Oranienburg, zum Nikolaus!

Urlaubsrückblick

Natürlich, Fontane geht immer, zumal bei uns in Brandenburg. Aber im Jubiläumsjahr läuft er natürlich noch besser als sonst, nicht nur durch die Mark. Deshalb wollen wir Ihnen gleich eingangs, zum Ende der heißen und zur Einstimmung in kältere Zeiten, mit Fontane die rasche Vergänglichkeit von Urlaubserinnerungen und -bekanntschaften vor Augen führen: »Um die Sommerszeit sind sie wie andre Menschen / Aus Schwiebus, Reppen oder Bentschen. / Zumal in Bädern, in Ostseefrischen / Sitzt man mit ihnen an selben Tischen …


… Und sind auch verschieden der Menschheit Lose, / Gleichmacherisch wirkt die Badehose …
Der alte Adam mit seinen Gebrechen / Läßt manches schweigen und manches sprechen / So der Sommer; er hat sein Bestes getan, / aber nun bricht der Winter an. / Die Badebekanntschaft ist plötzlich im Wege. / Von dem, mit dem du den Seehund umstanden, / von dem »sommerlichen« ist nichts mehr vorhanden. / Statt seiner der »winterliche« ... Du frierst. / Suche, daß du dich rasch verlierst.«



»Der Sommer- und Winter-Geheimrat«, heißt Fontanes jahreszeitliches Psychogramm – von Geheimräten, wohlgemerkt. Die gibt's ja heute nicht mehr, nur noch Hohenzollern. Das aber wäre ein anderes Kapitel. Nun erst mal an dieser Stelle: Herzlich willkommen zurück bei FILMERNST. Kraft, Elan und Optimismus für den Beginn des neuen Schuljahres – und natürlich weit darüber hinaus.

Programmvorschau

Der Wechsel und Wandel von Jahreszeiten lässt sich auch im aktuellen FILMERNST-Programm bestens beobachten: »Die Wiese – Ein Paradies nebenan« ist eine Perle des Naturfilms und eigentlich anzupreisen für ein Publikum von 6 bis 99. Was dieser Dokumentarfilm bietet, öffnet Augen und Ohren – mit so einfachen wie brillanten Bildern, mit nie gehörten oder schon lange überhörten Tönen. Zugleich aber macht er aufmerksam auf das Verstummen der Natur, auf die Bedrohung des Öko-Systems, den Verlust …


… der Artenvielfalt. »Solche Filme brauchen wir alle – nicht nur die Kinder«, schrieb ein begeisterter Kritiker. Rein ins Kino, raus in die Natur!

Neben dem Dokumentarfilm »Die Wiese« finden sich, wie immer, drei weitere Filme für verschiedene Alters- und Jahrgangsstufen im regulären FILMERNST-Programm. Wie immer haben wir uns bei der Auswahl viele Gedanken gemacht – und auch Vermutungen über die erhoffte Resonanz aus den Schulen angestellt. Dieses Mal allerdings wurden unsere Erwartungen weit übertroffen: Nach knapp vier Wochen konnten wir Anmeldungen für fast 6.000 Schülerinnen und Schüler verbuchen, das gab es noch nie!

Absoluter Favorit – mit bereits rund 3.000 angemeldeten Besuchern – ist »Rocca verändert die Welt« (empf. für 3.-6. Klasse). Von der Filmbewertungsstelle FBW mit dem Prädikat »besonders wertvoll« bedacht, holte er sich auch den Deutschen Filmpreis in Gold als »Bester Kinder- und Jugendfilm«. Rocca bringt nicht nur ein verletztes Eichhörnchen namens »Klitschko« mit zur Schule, sie bietet ihrem höchst verdutzten Direktor auch das Du an – und bekundet selbstbewusst der Dame vom Jugendamt, als die nach dem Erziehungsberechtigten fragt: »Ich bin berechtigt, mich selbst zu erziehen!« Rocca ist absolut anders als die anderen, sie stellt alles und jeden auf die Probe. Am Ende fragt man sich staunend: Ja, warum denn eigentlich nicht? Eine wie Rocca könnte die Welt verändern.

Sehr am Herzen liegt uns »Nur eine Frau« (empf. ab 8. Klasse): ein erschütternder dokumentarischer Spielfilm, produziert von Sandra Maischberger. Der authentische Fall, die von ihrem Bruder kaltblütig erschossene junge türkische Frau, liegt schon 15 Jahre zurück, vergessen ist er nicht. Die Ursachen, Umstände und Strukturen des »Ehrenmordes« berühren das Hier und Heute. Der Film geht radikal unter die Haut: Aus der Sicht Hatun Sürücüs erzählt und kommentiert, wird die junge Frau auf diese Weise nicht zum Opfer gemacht, sondern zu einer bewundernswert starken Frau.

Schließlich »Kommissar Gordon & Buffy« (empf. ab 1. Klasse). Der schwedische Animationsfilm ist mit seinen 65 Minuten Länge genau die richtige Einstimmung für die Schul- und Kino-Anfänger, für die Erst- und Zweitklässler. In der Detektivgeschichte mit einem alten Kröterich und einem jungen Mäusemädchen geht es um den Abbau von Vorurteilen und Ängsten, um die Förderung von Mut, Selbstvertrauen und Toleranz – und nicht zuletzt auch um das Vergnügen, durch die Natur und den Wald zu streifen.

Anmeldungen zu allen vier Filmen erreichen uns am besten und schnellsten online über diese Webseite. Anmeldungen per Fax sind nicht mehr möglich. Natürlich können Sie sich auch jederzeit telefonisch mit uns in Verbindung setzen. Wir beraten Sie gern, vor allem auch bei der Organisation besonderer Projekte oder bestimmter »Wunschfilm«-Veranstaltungen. Nicht zuletzt sind wir immer interessiert an Ihren Anregungen, Vorschlägen und Kritiken.




Bildnachweise: [eksystent distribution] filmverleih, München / polyband Medien, München / Warner Bros. Pictures Germany, Hamburg / NFP marketing & distribution, Berlin




Anschauungsunterricht

Die Bilder und Meldungen sind schockierend, aber nicht nur am Amazonas lodern zehntausende Hektar Regenwald. Auch in Indonesien, vor allem auf Borneo und Sumatra, wüten verheerende Waldbrände. Viele der Feuer wurden wahrscheinlich von Menschen selbstgelegt, um Land zu gewinnen für Palmöl-Plantagen. »Im Palmöl steckt das Blut der Indonesier.« Diese bittere Erkenntnis eines einheimischen Umweltaktivisten ist im Dokumentarfilm »Die grüne Lüge« zu hören. Auch, um unser eigenes grünes Gewissen zu erschüttern …


… nimmt der Film seine Zuschauer mit auf eine Expedition rund um den Globus. Vor allem aber will er die Nachhaltigkeits-Versprechen und Wohlfühl-Slogans der Wirtschaft erschüttern. Wir sehen, wie der österreichische Dokumentarfilmer Werner Boote und die deutsche Journalistin Katrin Hartmann auf Sumatra über verkohlten Boden stapfen. Es seien Abholzungen für die Zukunft Indonesiens, behaupten Staat und Konzerne. Es geschehe nur für Geld, kontert der Umweltaktivist, denn die Profiteure des billigen Palmöls sind internationale Lebensmittelgiganten wie Nestlé oder Unilever. Ein Ende des Raubbaus ist nicht in Sicht: Allein in diesem Jahr waren – noch vor der im Juni einsetzenden Trockenzeit – bereits rund 43.000 Hektar Regenwald von Feuern betroffen.

Auf der letzten Station ihrer Weltreise führt »Die grüne Lüge« in den brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso da Sul: das Land mit den meisten Rinderfarmen, fast alle auf traditionell indigenem Territorium. Der globale Fleischwahn hat in den vergangenen 40 Jahren fast ein Viertel der Wälder vernichtet. Aber Wälder werden auch verbrannt, um noch mehr Flächen für den Anbau von Sojabohnen frei zu bekommen. Brasilien ist mittlerweile der größte Soja-Produzent weltweit, und – einer Studie der Weltbank zufolge – können Landwirte im Amazonasgebiet deutlich profitabler wirtschaften als in anderen Regionen. Es geht, wie in Indonesien, um viel Geld: 36 Prozent ihrer Soja-Importe bezieht die EU aus Brasilien.



Infografik von statista.com

Ein Film wie »Die grüne Lüge« ist im wahrsten Sinne des Wortes Anschauungsunterricht und Aufklärung zugleich. Und weil der Weg der Erkenntnis ein langer ist und der Stop oder gar die Umkehr der Entwicklung eine Jahrhundertaufgabe sind, bleiben Filme wie dieser noch lange aktuell, leider muss man hier sagen.


Nach wie vor aktuell ist auch ein schon im Jahre 2009 vom selben österreichischen Regisseur, Werner Boote, gedrehter Dokumentarfilm: »Plastic Planet«. Er beginnt mit einem historischen Exkurs ins Land Brandenburg: Vor gut hundert Jahren begann im Rütgers-Werk Erkner die Produktion eines Materials, das vom Märkischen aus gewissermaßen die Welt eroberte: Bakelit.

Als »Wunschfilme« können beide Dokumentarfilme Werner Bootes – im Verleih von Little Dream Entertainment Köln sowie farbfilm Berlin – bei uns nachgefragt und gebucht werden.




Bildnachweis: Little Dream Entertainment Köln (Die grüne Lüge) / farbfilm Berlin (Plastic Planet)

Segel setzen

Filme, die sich für Klima-, Umwelt- und Artenschutz engagieren, sollten wir wohl nicht an Freitagen programmieren. Zu Beginn des vergangenen Schuljahres hätte es dafür noch keine rechte Begründung gegeben, heute aber weist die Erklärung nur in eine Richtung: Fridays for Future. Am 20. August 2018, gerade mal ein Jahr ist es her, stellte sich eine 15-Jährige mit einem handbemalten Pappschild vor den schwedischen Reichstag und begann ihren »Skolstrejk för klimatet«. Unheimlich rasch kam weltweit Wind in die Segel …


… Greta Thunberg wurde zur Ikone der globalen Klimabewegung. Mittlerweile ist sie über den Atlantik nach New York gesegelt – und es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis ihr Leben und ihre Mission auch zum Filmstoff werden.

Ja, sie hat schon viele und vieles bewegt. Und: Nein, es geht dabei nicht darum, ob sie naiv oder stur handelt, ob es PR-Aktionen sind, mit denen sie die Macht und die Mächtigen herausfordert. Manche der Politiker, die noch vor ein paar Monaten süffisante Ratschläge gaben, drängeln sich nun in die erste Reihe der Klimaschützer. Manche der Kommentare disqualifizieren sich von selbst. Wer Greta Thunberg als »zopfgesichtiges Mondgesicht-Mädchen« verunglimpft, dem fehlt es an allem, was man sich – in der Schule und im Leben – an Werten aneignen und bewahren sollte.

In die Zeit der Sommerferien fiel ja auch der »Erdüberlastungstag«: der Tag, an dem die gesamte Menschheit ihr Guthaben an natürlichen Ressourcen für das Jahr 2019 aufgebraucht hatte. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist dieser Termin um zwei Monate nach vorn gerückt, jetzt liegt er schon Ende Juli. Für unseren Lebensstil bräuchte es, hochgerechnet, drei Erden. Die Änderung des persönlichen Verhaltens wird das Klima weltweit nicht retten, so weiterzumachen wie bisher, wäre dennoch der falsche Weg.

Am 20. September 2019, wenn die Bundesregierung über die nächsten Schritte in der Klimapolitik entscheiden wird, findet der dritte globale Klimastreik statt. In möglichst vielen Städten wird #FridaysForFuture präsent sein – im Land Brandenburg sind bislang Potsdam, Eberswalde, Templin dabei. 

Wolfgang Schäuble, als Bundestagspräsident von Amts wegen um Ausgleich und Moderation bemüht, hat ein altväterliches »Wort zum Freitag« parat: »Lasst die Schüler von ›Fridays for Future‹ demonstrieren. Und wenn es eine Dauerveranstaltung wird, dann machen wir den Samstag wieder schulpflichtig.« Viel Erfolg in der KMK!




Bildnachweis: https://fridaysforfuture.de

Kapitänin Klemp

Bereits im Mai plazierte das »Time Magazine« Greta Thunberg auf ihre Titelseite und nahm sie in die Liste der 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten auf. Anfang Juli schaffte es eine andere junge Frau auf das Cover eines Nachrichtenmagazins: Mit der Titelzeile: »Captain Europe« publizierte »Der Spiegel« ein Gespräch mit Carola Rackete über die dramatische Rettungsfahrt ihrer »Sea Watch 3«. Die Kapitänin Pia Klemp könnte ganz Ähnliches berichten: Das von ihr gesteuerte Schiff, die »Iuventa« …


… wurde von italienischen Behörden beschlagnahmt, der jungen Frau droht ein Prozess wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. »Iuventa« ist bei FILMERNST ebenfalls als »Wunschfilm« im Programm: ein beeindruckender Dokumentarfilm über Menschlichkeit und Zivilcourage, koproduziert von unserem FILMERNST-Paten René Frotscher.




2015 hatten zwei Abiturienten den Verein »Jugend rettet« gegründet. Per Crowdfunding brachten sie 400.000 Euro zusammen, erwarben einen alten Fischkutter und bauten ihn für ihre Zwecke um. Im Juli 2016 stachen sie von Malta aus in See, dem ersten Mittelmeer-Einsatz folgten etliche weitere, insgesamt retteten sie 14.000 Menschen. Dann kam das Aus.

Unlängst Gast in der Talkshow von Markus Lanz, widersprach Pia Klemp der Behauptung, die Nachrichten von aus Seenot geretteten Migranten würde andere motivieren, die lebensgefährliche Überfahrt nach Europa zu wagen. Die Seenotrettung, so Pia Klemp, sei die Antwort auf Migranten in Seenot, aber nicht die Ursache dafür.

Nun hat die Biologin, Tauchlehrerin und Kapitänin ein Buch über ihre Rettungsmissionen geschrieben. Was wir sonst nur als Nachrichten mit wieder neuen Zahlen von Verzweifelten, Ertrunkenen, Geretteten zur Kenntnis nehmen, wird hier zur dramatisch beteiligten und erlebten Schilderung einer Mission der Menschlichkeit.

Pia Klemp: Lass uns mit den Toten tanzen. Maro Verlag, 224 S., geb., 20 €.

Am 29.5. gab es übrigens auf ProSieben etwas Bemerkenswertes zu sehen: Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf hatten ihre tags zuvor gewonnene Sendezeit drei Menschen überlassen, denen sie eine Stimme geben wollten: Pia Klemp, der Kapitänin des Rettungsschiffs »Iuventa«, Dieter Puhl, einem Sozialarbeiter bei der Obdachlosenhilfe der Berliner Stadtmission und der Schriftstellerin und Aktivistin Birgit Lohmeyer.

Pia Klemp ist ab Minute 3:25 zu sehen und zu hören, u.a. mit diesen Sätzen: »Tagelang fuhr ich mit einem toten zweijährigen Jungen in der Tiefkühltruhe in internationalen Gewässern auf und ab, weil kein europäisches Land ihn retten wollte, als es noch möglich war und sie uns dann einen sicheren Hafen verwehrten. Seine Mutter war auch bei uns an Bord – lebendig. Was sage ich einer traumatisierten Frau, deren Kind da in meinem Tiefkühler liegt, über den Friedensnobelpreisträger EU?«

Bildnachweis: farbfilm Verleih Berlin

Lehrer-Casting

»Macht Schule dumm?«, hatte vor sieben Jahren der Bildungsrevolutionär und TV-Philosoph Richard David Precht den Hirnforscher Gerald Hüther gefragt – und beide waren der Ansicht: Ja, irgendwie schon, zumindest, wenn sie so bleibt wie sie gegenwärtig ist. »Wenn wir jetzt nichts ändern, wird es unser Land bald nicht mehr geben«, prophezeite Hüther – und wollte die Lehrerinnen und Lehrer in »Potentialentfaltungscoaches« umwandeln. Jetzt fegt die Digitalisierung durch die Klassenzimmer – und Precht …


… ist mal wieder (in der Neuen Zürcher Sonntagszeitung) mit einer ganzen Latte schulischer Reformvorschläge ins Rampenlicht getreten. »Wir müssen es anders machen«, sagt er, »weil die Digitalisierung die Gesellschaft fundamental verändern wird«.

Auf die Frage, wie der Unterricht künftig organisiert sein soll, gibt er zur Antwort: »Ich würde die Klassenverbände auflösen, möglicherweise nach dem sechsten Schuljahr, und stattdessen Lernhäuser schaffen nach dem englische College-System. Man gehört dann während seiner ganzen Schullaufbahn dem gleichen Lernhaus an und wird von denselben Lehrkräften betreut. Jedes Kind arbeitet in seinem eigenen Tempo. Und der Unterricht folgt weniger einer künstlichen Einteilung nach Fächern, sondern ist stärker projektorientiert. Kinder beschäftigten sich mit dem, was sie interessiert.« Die Noten würde Precht abschaffen, die Fächer zum großen Teil.

Lehrer sollten wie in einer Casting-Show ausgewählt werden: »Jeder angehende Lehrer soll nach dem Studium in einer Probelektion ein paar hundert Schülern ein Thema aus seinem Fach näherbringen. Nach zwei Minuten werden Sie wissen, ob der Kandidat Lehrer werden sollte oder nicht. Es geht darum, wie man dasteht, redet, Farbe in sein Thema bringt.«

Aber da Philosophen die Welt ja interpretieren und nicht verändern müssen, wollen wir uns über die Prechtschen Gedanken und Anregungen überhaupt nicht lustig machen, sondern sie zum Nach- und Weiterdenken empfehlen. Der Fortschritt ist eine Schnecke …

Wie man kreativ, aber weit unter jedem Niveau Potentiale entfalten und den Kanon des Literaturunterrichts mit Klopapier einwickeln kann, zeigt dieses Video vom Künstlerkollektiv »Frankfurter Hauptschule«. Hier hat einfach ein guter Lehrer, eine gute Lehrerin gefehlt. Note 5, setzen!

Referendar Rezo

Noch müssen sich die Schülerinnen und Schüler ja zur Schule begeben, um dort direkt – und zumeist noch analog – die Wissens- und Bildungsangebote in Empfang zu nehmen. Im Frühjahr trat allerdings ein »Referendar« auf den Plan, der in einer knappen Stunde gestenreich wahnsinnig viel digitalen Stoff verbreitete und dabei nicht nur eine Klasse erreichte. Die Klicks potenzierten sich im Minutentakt, inzwischen haben knapp 16 Millionen Rezo-Follower die Lektion des YouTubers angeschaut. Ein Online-Kurs …


… von maximaler Sprengkraft. Ein multimedialer Unterricht mit Worten und Bildern, mit Statistiken, Zitaten, Filmclips. Quellenfester als mancher Doktorand, polemisch, aber nie diffamierend. Nachweisen wollte er, wie der CDU »grundsätzliche Kompetenzen fehlen«, deshalb »unser Leben und unsere Zukunft« und letztlich sich selbst zerstöre. Quod erat demonstrandum: ein 12-seitiges PDF war die kompetenzlose Antwort der CDU.

Der öffentliche Faktencheck war jedenfalls ein großer Unterricht in den verschiedensten Fächern und zu den verschiedensten Themen.

Mittlerweile hat Rezo auf dem YouTube-Kanal der »Space Frogs« eine weitere Lektion gehalten: Die Unterrichtseinheit hieß: »Wir BILDen Rezo«. Die Medienkunde im – wohlgemerkt – Comedy-Format gibt der BILD, was sie verdient, spart aber auch nicht mit kritischen Bemerkungen, wenn selbst ein Qualitäts-Printprodukt wie die FAZ mit billigen Fragen auf billiges Klick-Baiting abzielt. Überhaupt nicht zu fassen vermag der blaue Rezo übrigens, dass Zeitungen noch das Fernseh- und sogar das Kinoprogramm abdrucken.

Übrigens: Eine vom »Rat für kulturelle Bildung« in Auftrag gegebene, deutschlandweite Umfrage unter rund 800 Schülerinnen und Schülern ergab: Youtube wird von 86% der Zwölf- bis 19-Jährigen genutzt. Damit steht es, nach WhatsApp (92%) auf Platz zwei der genutzten digitalen Plattformen.


Für 47% der Befragten sind Youtube-Videos zu Schulthemen wichtig bis sehr wichtig. Rund drei Viertel von ihnen sagen, sie nutzen die Plattform »zur Wiederholung von Unterricht, den ich nicht verstanden habe«.

Die Studie zum Download

Und zum Schluss: Der 30-Jährige Schwede Felix Kjellberg alias PewDiePie hat als erste Einzelperson bei Youtube die Marke von 100 Millionen Followern erreicht.

Leinwand-Lehrerin

Manches 50. Jubiläum war in diesem Sommer zu feiern: die Mondmission von Apollo 11, Woodstock, der Walkman, »Easy Rider«. Jenen, die es (medial) miterlebt haben, mag es noch gar nicht so lange her erscheinen. Ein ganzes Jahrhundert aber ist es her, als am 11. August 1919 in Weimar die Verfassung der Republik unterzeichnet – und damit auch das Zölibat für Lehrerinnen aufgehoben wurde. Von 1879 an hatten Beamtinnen nach ihrer Heirat aus dem Staatsdienst ausscheiden müssen und – je nach Land – auch ihre Pensionsansprüche …


… verloren. Bereits 1923 wurde das Lehrerinnenzölibat wieder eingeführt, (westdeutsch) bundesweit abgeschafft erst 1951, in Baden-Württemberg sogar erst 1956.

Über ein Zölibat hätte sie sich wahrscheinlich lauthals empört, Anfang der 1960er, an einer Schule im Norden der DDR: Karla – eine der zartesten und zugleich kraftvollsten Leinwand-Lehrerinnen: grandios gespielt von Jutta Hoffmann im gleichnamigen, 1965 verbotenen Film. Mit der Liebe, erst recht mit der Ehe, hat sie freilich ihre Probleme.

Bevor Karla an einer Fontane-Schule ihren Dienst antreten wird, hält sie im Audimax der Universität die Dankesrede der Absolventen:

»Wirklich danken können wir nur durch unsere Arbeit draußen in den Städten und Dörfern. Wir sollen weitergeben, was wir gelernt haben. Wir sollen Wissen vermitteln. Aber [...] dieses Wissen erweitert sich auf allen Gebieten mit ungeheurer Schnelligkeit. Was heute ausreicht, ist morgen zu wenig. Deshalb müssen wir vor allem lehren, wie man lernt. Wir müssen das Weiterdenken lehren. Verzichten wir auf die Breite, wo sie unerreichbar ist. Gehen wir in die Tiefe – oder in die Höhe. Lasst uns dabei aber nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Vergessen wir nie, wofür wir lernen. Lasst uns all unsere Mühe, unsere Leidenschaft und unser ganzes bisschen Verstand darauf verwenden, dass das Leben leichter, anmutiger und fröhlicher wird. [...] Fangen wir an!«




Bildnachweis »Karla«: © DEFA-Stiftung/Foto: DEFA-Daßdorf

andere Fotos: FILMERNST




Grüner wird's nicht

»Der Frühling braucht Zeit«, so heißt ein DEFA-Film, der 1966 nicht in die Kinos kommen durfte. Damals fühlten sich hierzulande Staat und Partei selbst noch für die Jahreszeiten verantwortlich – und verboten, was das Klima störte. Die vier Todfeinde des Sozialismus hießen Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Heute ist alles ganz anders und viel komplexer – zum Klima kommen wir noch. Hier nun, wie immer pünktlich zum Frühlingsbeginn, ein aktueller FILMERNST-Rundbrief in sattem Grün.


Da wollen wir gern den Nietzsche-Ratschlag wiederholen (der den Winter nicht mochte und sich lieber nach Nizza zurückzog), um jedem Anflug von Frühjahrsmüdigkeit zu trotzen: »So wenig als möglich sitzen; keinem Gedanken Glauben schenken, der nicht im Freien geboren ist und bei freier Bewegung, in dem nicht auch die Muskeln ein Fest feiern. Alle Vorurtheile kommen aus den Eingeweiden. – Das Sitzfleisch – ich sagte es schon einmal – die eigentliche Sünde wider den heiligen Geist.« In diesem Sinne: Grüner wird's nicht!

Nietzsches Aufforderung zum »Aufstehen« findet sich in »Ecce Homo«, im 4. Kapitel, »Warum ich so klug bin.«


Foto: Bild von Johannes Plenio auf Pixabay

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