FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

Viele Filme für uns

Mit ihm und seinem Werk sind wir in mehrfacher Weise eng verbunden: 2016 standen wir in der Akademie der Künste sogar gemeinsam auf der Bühne: Herrmann Zschoche bekam von der DEFA-Stiftung den »Preis für das künstlerische Lebenswerk«, wir erhielten einen der drei Programmpreise. Auch im Kino konnten wir ihn als Gast von FILMERNST-Veranstaltungen begrüßen. Gemeinsam mit seiner mehrfachen Drehbuchautorin Christa Kozik stellte er im Kino »Movieland« in Erkner »Sieben Sommersprossen« vor ...



... und ebenso den wunderbaren Kinderfilm »Philipp der Kleine«.
Auf dem FILMERNST-Programm stand natürlich auch »Insel der Schwäne« (1983), dem die FDJ-Zeitung »Junge Welt« seinerzeit beschied: »Das ist wieder kein Film für uns.« Herrmann Zschoche und sein Drehbuchautor Ulrich Plenzdorf hatten ein Tabu gebrochen: Auf das Wohnungsbauprogramm von Staat und Partei durfte kein Schatten fallen! Beim III. Nationalen Spielfilmfestival in Karl-Marx-Stadt 1984 wurde es der Publikumsjury verwehrt, diesen Film auszuzeichnen. Die Platte in Marzahn gibt es noch, die Probleme auch – ein weitsichtiger Film.

Der für FILMERNST wichtigste Herrmann-Zschoche-Film ist »Karla«, der 1965, nach dem berüchtigten 11. Plenum der Partei, der Zensur zum Opfer fiel. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Hochschulabsolventin. Voller Hoffnung und mit großem Idealismus tritt Karla Blum die Stelle als Lehrerin in einer mecklenburgischen Kleinstadt an. Ihre Schüler will sie zu selbständigem und kritischem Handeln erziehen. Karla passt sich kurzzeitig an, doch ihre Ideale sind stärker: Sie whrt sich weiter gegen den allgemeinen Opportunismus – und wird am Ende des Schuljahres zwangsversetzt. Die großartige Karla-Darstellerin Jutta Hoffmann war mehrfach unser Gast.

Ende Mai 1989 kam ein Film von Herrmann Zschoche und Christa Kozik in die Kinos, in dem Anja Kling ihre erste Hauptrolle spielte: »Grüne Hochzeit«, gewissermaßen die Weitererzählung und Fortschreibung von »Sieben Sommersprossen«, allerdings bei weitem nicht so ein durchschlagender Erfolg.

Herrmann Zschoches letzter Kino-Spielfilm, »Das Mädchen aus dem Fahrstuhl« (1991), lief erst unlängst bei FILMERNST und in den SchulKinoWochen. Wir sehen, wie ein Zehntklässler an die Wandzeitung seiner Schule ein Blatt heftet mit der Überschrift:»Über die Ungerechtigkeit in der Schule oder Wem nützen Zensuren?« Das wäre für einen Deutsch-Aufsatz heute noch ein kontroverses Thema, damals, in den späten 1980er Jahren in der DDR, war es eine maximale Provokation. »Das Mädchen aus dem Fahrstuhl« verknüpft, wie so oft bei Herrmann Zschoche, auf sehr eindrückliche Weise Liebes-, Lebens-, Zeitgeschichte.

Am 25. November feierte Herrmann Zschoche seinen 90. Geburtstag.
FILMERNST gratuliert auf das herzlichste und wünscht ihm vor allem Gesundheit. Seine Filme bleiben in unserem Programm.



Preisverleihung der DEFA-Stiftung 2016 (Bilder 1, 2 und 3). Bild 3: Herrmann Zschoche u.a. mit dem Filmkomponisten Christian Steyer und dem Moderator Knut Elstermann. Bild 4: Herrmann Zschoche und Christa Kozik im »Movieland« Erkner. Bilder 5,6,7,8: Szenen aus Herrmann-Zschoche-Filmen: »Philipp der Kleine« (Foto: DEFA-Stiftung/Herbert Kroiss); »Das Mädchen aus dem Fahrstuhl« (Foto: DEFA-Stiftung/Waltraut Pathenheimer/Dieter Chill); »Sieben Sommersprossen« (Foto: DEFA-Stiftung/Herbert Kroiss); »Karla« (Foto: DEFA-Stiftung/Franz-Eberhard Daßdorf). andere Fotos: DEFA-Stiftung / FILMERNST

Atmosphärisch aufknospend

Die Sonne glänzt, die Knospen platzen, es blühen die Gefilde: Natürlich brauchen wir für diesen filmernsten Frühlings-Rundbrief zur Einstimmung ein bisschen Frühlings-Poesie. Aber nichts vom Dichterfürsten mit »vom Eise befreit«, denn das war lange vor dem Klimawandel. Auch nicht »Im Märzen der Bauer …«, denn das ist nicht gendergemäß: »Die Bäurin, die Mägde, sie dürfen nicht ruhn …«. Also etwas Erhabenes und Komisches zugleich, lebenslustig, ermutigend, ovo-vegetarisch: »Wenn der holde Frühling lenzt / Und man sich mit Veilchen kränzt / Wenn man sich mit festem Mut / Schnittlauch in das Rührei tut …«


Nun sind Sie wohl neugierig geworden – und vermuten vielleicht das Werk eines Verseschmieds, dem die Rösser durchgingen. Weit gefehlt. Das schöne Gedicht stammt aus der Feder einer Frau, die als »schlesische Nachtigall« berühmt-berüchtigt, von den Kritikern zur »Großmeisterin der unfreiwilligen Komik« ausgerufen und immer wieder parodiert wurde. Friederike Kempner war mit Leidenschaft Lyrikerin, aber auch durchdrungen von großem sozialen Engagement. In der DDR erschien 1987 in der berühmten »Poesiealbum«-Reihe das Heft 239 mit ihren Gedichten; bei Reclam illustrierte Horst Hussel ein sehr schönes Bändchen – FILMERNST blättert gelegentlich darin.

Und hier noch einmal der Frühling in voller Länge:

»Wenn der holde Frühling lenzt / Und man sich mit Veilchen kränzt / Wenn man sich mit festem Mut / Schnittlauch in das Rührei tut / kreisen durch des Menschen Säfte / Neue ungeahnte Kräfte – / Jegliche Verstopfung weicht, / Alle Herzen werden leicht, / Und das meine fragt sich still: / »Ob mich dies Jahr einer will?« Friederike Kempner (1836 – 1904)

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