FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

»Meinst du, die Russen

... wollen Krieg?«, so lautet, in deutscher Übertragung, die Titelzeile eines der wohl berühmtesten Antikriegsgedichte: Хотят ли русские войны? In der DDR gab es wahrscheinlich kaum jemanden, der es nicht kannte. Geschrieben 1961 vom russischen Dichter Jewgeni Jewtuschenko ...


..., nach einer Reise durch Westeuropa und die USA. Der Poet war von dem in der Sowjetunion sehr populären Schauspieler und Estradensänger Mark Bernes aufgefordert worden, eine lyrische Antwort auf die Frage zu geben, ob es denn vorstellbar sei, dass sein Land einen Krieg führen wolle. 1961 war ein weltpolitisch brisantes Jahr, die Kubakrise. Der erste Gedichtversuch überzeugte weder Bernes noch Jewtuschenko so recht, aber in seiner (zweiten) Vertonung durch den Komponisten Eduard Kolmanowski wurde es, nach 1961, ein großer Erfolg. Bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Helsinki 1962 sorgte es für Begeisterung, das Alexandrow-Ensemble der Roten Armee popularisierte es bei seinen internationalen Tourneen, in der DDR trug es, mit den Worten von Siegfried Siemund, der »Oktoberklub« vor. Die vielleicht beste deutsche Nachdichtung stammt von Gisela Steineckert, der vorletzte Satz der vierten Strophe lautet bei ihr: »Für Waffen gibt's heut keinen Sieg.«

Jewtuschenkos Gedicht im Original, gesungen von Mark Bernes:

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Keiner, der das Gedicht seinerzeit gelesen oder das Lied gehört hat, hätte Jewtuschenkos Frage: Хотят ли русские войны? mit JA beantwortet. Das unermessliche Leid der Belorussen, Ukrainer, Russen während des Zweiten Weltkrieges, der opferreiche Sieg über den Faschismus, die Erfahrungen der Geschichte schienen auszuschließen, dass von der Sowjetunion jemals ein Krieg ausgehen könnte. Diese feste Überzeugung galt auch nach dem Ende des Kalten Krieges, aber spätestens 2014, mit der Annexion der Krim, geriet sie ins Wanken und verkehrte sich am 24. Februar 2022 ins glatte Gegenteil, in die Katastrophe, in einen Krieg.

»Überfall Russlands auf die Ukraine« – eine schlimmere Balken-Überschrift auf den Titelseiten deutscher Zeitungen kann es nicht geben. Ja, die Russen führen Krieg. Ganz sicher wollen nicht alle Russen Krieg, aber zumindest ihr Präsident und dessen Paladine in wilder Entschlossenheit: in einer alle Tatsachen verdrehenden und verfälschenden Weise, auf einem nicht nur politischen, sondern auch moralischen Tiefpunkt. Die Bedrohung war real, die Angst ist real, die Flüchtenden sind real – und das alles ist für die Ukraine und ihre Bürger:innen keine rhetorische Frage mehr.
Wir können hier nur, im festen Glauben an die Vernunft und in der Hoffnung auf ein schnelles Ende des Waffengangs, all denen beistehen, die Beistand brauchen: den Menschen in der Ukraine.

Was jetzt jede:r in Deutschland tun kann, um der Ukraine und der Antikriegsbewegung in Russland und Belarus zu helfen, dafür hat Mischa Gabowitsch, Historiker und Soziologe, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Einstein-Forum in Potsdam, auf Twitter und seiner Webseite etliche ganz konkrete Vorschläge, unter Punkt 7 finden sich auch Spenden-Links.

@mgabo oder https://gabowitsch.net/stopwar-de/


Unbedingt hinweisen möchten wir hier aber auch auf den Ukraine-Live-Blog des in Greifswald erscheinenden »Katapult«-Magazins, eines der gegenwärtig wohl innovativsten publizistischen Projekte des Landes. Viele höchst anschauliche, die Augen öffnende und Zusammenhänge erhellende Grafiken und Schautafeln finden sich hier, nicht zuletzt auch die Begründung, warum »Katapult« die ukrainische Hauptstadt Kyjiw und nicht Kiew schreibt. Schauen und lesen Sie »Katapult«!

Russische Raketen treffen Kindergarten im ukrainischen Okhtyrka

Grafik: Katapult, Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0


Zum Schluss dieses bitteren Eintrags in unserem Rundbrief und auf unserer Webseite möchten wir noch aufmerksam machen auf den Dokumentarfilm »Oleg, eine Kindheit im Krieg« von Simon Lereng Wilmont. Eine Kindheit an der Kriegsfront in der Ost-Ukraine 2014, ein Jahr im Leben eines Zehnjährigen. Umsorgt von seiner Großmutter, wächst der Junge in der Donezk-Region auf, wo Landminen-Explosionen und Raketeneinschläge zum Alltag gehören. Der Film macht mit eindringlichen Bildern anschaulich, was es für ein Kind bedeutet, im Krieg aufzuwachsen. Er zeigt, wie der universelle kindliche Wunsch, die Welt zu verstehen, von den Gefahren und Herausforderungen des Krieges beeinflusst und beschädigt wird.

Im Programm von arte am Dienstag, dem 1. März, 23:50 Uhr oder auf Youtube

»Meinst du, die Russen wollen Krieg?
Die Russen haben doch Verstand.
Sie haben einen Krieg gehabt,
viel tiefer, als ihr jemals grabt.
In Stalingrad fiel jede Wand -
für wen schrieb Tanjas Kinderhand?
Für Waffen gibt's heut keinen Sieg.
Meinst du, die Russen wollen Krieg?«
Jewgeni Jewtuschenko
Nachdichtung Gisela Steineckert

Stand jetzt …

… ist eine gern genutzte Leerformel, wenn man sich alle Optionen offenhalten will oder insgeheim schon mehr weiß, es aber noch nicht allen und jedem kundtun möchte. »Stand jetzt« verkünden Fußballtrainer mit ernster Miene und ohne Maske, dass sie den Verein nicht wechseln werden: sicheres Zeichen dafür, dass sie bald weg sind. »Stand jetzt« könnten auch wir sagen, da wir zum zweiten Anlauf für die SchulKinoWochen ansetzen …



… und zwar inständig hoffen, aber natürlich nicht wissen, welche Virusvariante wann mutiert und was daraus folgt. Die Infektionszahlen sind so hoch wie nie, und Mitte Februar soll sich die Omikron-Welle zu höchster Höhe emporschwingen. Der eine Professor, Christian Drosten, lässt gerade Hoffnung schimmern, doch ein anderer, Karl Lauterbach, sieht »keinerlei Grund zur Entwarnung«. Wie bitterernst dem auch sei: Wir sind filmernst-optimistisch und glauben – Stand jetzt – fest daran, dass am 17. März die 15. SchulKinoWochen des Landes Brandenburg beginnen. Unsere FILMERNST-Schirmherrin, Bildungsministerin Britta Ernst, wird im Kino »Movieland« in Erkner den offiziellen Startschuss geben.
Mit »Madison – Ungebremste Girlpower« geht’s los, und Florian Lukas als Gast wird uns verraten, ob er bei den rasanten Bahnrennen selbst im Sattel saß. Er spielt den Vater der Heldin; am Tag ihrer Geburt hatte er ein ›Madison‹ gewonnen, ein Zweier-Mannschaftsfahren auf der Bahn. Ihr Name ist also Programm!


Fotos/Video: farbfilm Verleih / Dor-Film West / Anke Neugebauer


Die Programmhefte für die SchulKinoWochen wurden ein zweites Mal an alle Schulen geschickt; Anmeldungen für die Veranstaltungen am besten online, hier auf dieser Webseite. Lasst uns die Kinosäle füllen!

Link zum Programmheft

Photo: Geoffrey Moffett on Unsplash (Symbolbild)

Am Ende des Tages …

… sind wir alle klüger: Eine ziemlich nichtssagende, aber oft gebrauchte Leerformel ist auch das. Gerade die Politik nutzt hemmungslos Sprachhülsen zum Nullwert, die Medien helfen sie verbreiten. Die »Floskelwolke« ist daher ein verdienstvolles Projekt, das vor allem der Sprache des Nachrichtenjournalismus aufs Maul schaut, online die Floskel des Monats kürt und nun schon zum zweiten Male auch die Floskel des Jahres. Der »Negativpreis« …



… für das Jahr 2021 ging an »Eigenverantwortung« – und die Preisverleiher begründen das so: »Ein legitimer Begriff von hoher gesellschaftlicher Bedeutung wird ausgehöhlt und endet als Schlagwort von politisch Verantwortlichen, die der Pandemie inkonsequent entgegenwirken. Fehlgedeutet als Synonym für soziale Verantwortung und gekapert von Impfgegnerinnen und Impfgegnern als Rechtfertigung für Egoismus.«

Die »Floskelwolken«-Betreiber Udo Stiehl und Sebastian Pertsch, beide selbst Journalisten und Nachrichtenredakteure, wollen keine Nestbeschmutzer sein, sondern für die Sprache sensibilisieren. Nicht alle Phrasen und Floskeln seien schlimm, aber viele unnötig oder im besten Fall einfach nur falsch.

Auf »Eigenverantwortung« folgten übrigens »klimaneutral«, »links-gelb«, »unvorhersehbar« und »Instrumentenkasten« auf den Plätzen. Während für die erste Preisvergabe 178 Vorschläge eingereicht wurden, waren es nun nur noch 72 Begriffe und Formulierungen – pandemiebedingt, wie es den Anschein hat. Vorschläge mit Bezug zur Pandemie gab es diesmal weit weniger, zehn bezogen sich noch auf das Impfen.

Floskeln wie »ein Stück weit« oder »vor Ort«, die ganz schlimme Zustimmungsbekundung: »Da bin ich ganz bei Ihnen/bei Dir« und nicht zuletzt das allerbeliebteste Bewegungsverb »zurückrudern«: In FILMERNST-Texten sind sie tabu, wir haben keine »Projekte in der Pipeline«, öffnen keine »Zeitfenster« und »schnüren keine Personalpakete«, um nach »Leistungsträgern« Ausschau zu halten. Damit wäre für uns nicht nur ein Stück weit »eine rote Linie überschritten«.

Diese Floskel, so Sebastian Pertsch, sei hierzulande relativ neu, komme eigentlich aus den USA der 1960er Jahre. Das Verb ›to redline‹ hätten Versicherungsmakler genutzt, um bestimmte Bereiche einer Karte, die ein erhöhtes Versicherungsrisiko aufwiesen, mit einer roten Linie zu markieren. Auch in der Kriegführung sei der Begriff genutzt worden, wenn ein Gegner eine Grenze überschritten habe. Heute würde vor allem ein Tabubruch so bezeichnet. Allerdings sei die ›rote Linie‹ gar nicht klar definiert, jeder interpretiere sie anders.


Photo by Mitchell Luo on Unsplash

Für einen Deutsch-Leistungskurs oder die Beschäftigung mit Sprache überhaupt bietet die »Floskelwolke« jedenfalls gute Anregungen.

Hier sind die luftigen Gebilde im Internet zu finden:
https://floskelwolke.de/
https://twitter.com/Floskelwolke
https://www.instagram.com/Floskelwolke
https://www.facebook.com/Floskelwolke
https://de.wikipedia.org/wiki/Floskelwolke

Very Peri …

… klingt auch wie eine Floskel, die sich bei Bedarf vielleicht als Anerkennung oder Lob einsetzen ließe. Es ist aber die Farbe des Jahres 2022, kreiert und gekürt vom »Pantone Color Institute«, das Prognosen für globale Farbtrends erstellt. Peri wurde hergeleitet von »Periwinkle«, englisch für Immergrün, mit Blüten zwischen Purpur und Violett. Schön und satt anzusehen, doch die Begründung für die Wahl ist reinste Floskel-Philosophie …



… und hört sich ausgesprochen blumig an. »Very Peri« sei ein Symbol für den globalen Zeitgeist des Augenblicks und den Wandel, den wir durchmachen. Aus einer intensiven Phase der Isolation herauskommend, änderten sich Vorstellungen und Standards. Mit allen Eigenschaften von Blautönen und einem rötlich-violetten Unterton zeige uns »Very Peri« eine lebhafte Sicht auf die Welt, die zu mutiger Kreativität und fantasievollem Ausdruck inspiriere. Unser physisches und digitales Leben würde auf neue Weise verschmolzen. Die »Pantone Color of the Year«, so die Vize-Präsidentin des Instituts, Laurie Pressman, spiegele wider, was sich weltweit in der Gesellschaft abspiele. Zugleich drücke sie die Hoffnung aus, dass Menschen in Farben Antworten finden.

Auch ein Fall für Textanalyse im Deutschunterricht oder für Farbanalysen und Farbwirkungen im Kunstunterricht. Vielleicht auch für ein Filmgespräch: Die sattesten Farben, auch »Very Peri«, erblicken wir über und unter Wasser beispielsweise in »Shorty und das Geheimnis des Zauberriffs«, den wir aktuell im Programm der SchulKinoWochen haben.



2021 wurden übrigens gleich zwei Pantone-Farben des Jahres gewählt: »Ultimate Gray« – ein zeitloses Grau als Symbol für Sicherheit und Zuverlässigkeit – sowie »Illuminating« – ein lebendiges Gelb als Zeichen für Hoffnung, Kraft und Optimismus. Das klang dann so: »Das beflügelnde Ensemble aus PANTONE 17-5104 Ultimate Gray und PANTONE 13-0647 Illuminating zielt auf unser ureigenes Bedürfnis ab, wahrgenommen zu werden und uns Gehör zu verschaffen. Eine mit Wissen, Innovation und Intuition verknüpfte Farbkombination, die mit Respekt für Weisheit, Erfahrung und Intelligenz zur Regeneration anregt und uns zu neuen Denkweisen und Konzepten antreibt.«

In diesem »Illuminating«-Geist, wahrgenommen zu werden und sich Gehör zu verschaffen, erscheint und wirkt FILMERNST seit seiner Geburt.

© Foto Teaserbild: Pantone Color Institute
Fotos »Shorty«: Alpenrepublik Filmverleih

Man muß brüllen …

… und man muß flüstern, heißt es am Ende von »flüstern & SCHREIEN«. Ein DEFA-Dokumentarfilm, der in Wort und Bild völlig ohne Floskeln auskommt. Am 20. Oktober 1988 erlebte er im Berliner Kino »Colosseum« seine Uraufführung und fand umgehend – mit 33 Kopien – ein Riesenpublikum in der DDR. Der Regisseur Dieter Schumann war bei etlichen FILMERNST-Veranstaltungen seines Films unser Gast, und …


… auch Jahrzehnte nach dem großen Erfolg konnte »flüstern & SCHREIEN« ein heutiges junges Publikum durchaus interessieren und beeindrucken. Für den Geschichtsunterricht, aber auch für das Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde bietet der Film vielfältige Anknüpfungspunkte, ermöglicht Vergleiche mit eigenen Haltungen, lässt das Leben der Eltern- oder mittlerweile fast Großelterngeneration für die heutigen Jugendlichen lebendig und vielleicht auch nachvollziehbar werden.

Der Drehbuchautor und Dramaturg Jochen Wisotzki liefert unter dem Titel »Wie ich mit Gorbatschow mein Glück bei der DEFA machte« einen neuen, erhellenden Beitrag zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte dieses Films, aber auch einiger anderer, die in den letzten Jahren der DDR im DEFA-Studio für Dokumentarfilme entstanden. Zu lesen ist der sehr ansprechend illustrierte Text – mit zum Teil noch nie gesehenen grafischen Darstellungen aus dem Montage-Szenarium – im gerade erschienenen, vierten Journal der DEFA-Stiftung: Leuchtkraft 2021.

Das komplette »Leuchtkraft«-Journal mit einer Vielzahl sehr lesenswerter Beiträge steht hier – mit Dank an die DEFA-Stiftung – als PDF-Download zur Verfügung.



»Man muß brüllen … und man muß flüstern«, das sagt im Film Dirk Zöllner. Bekannt geworden durch seine Band »Chicorée«, später mit André Gensicke als »Die Zöllner«. Nach einem Konzert kommen die beiden in die Garderobe und Dirk Zöllner lässt seinen Gedanken freien Lauf: » … live kann man viel machen. Es ist überhaupt der entscheidende Punkt, der mich so glücklich macht. Wir sind böse Menschen, wir möchten auch böse sein. Wir sind zärtliche Menschen, wir möchten auch zärtlich sein. Und wir sind auch politisch denkende Menschen, die sich grade in dieser Gesellschaft auch einen Kopf machen, wie es aussieht, wo die Tendenz hingeht. Was man machen möchte. Wir möchten auch daran teilhaben. Wir haben die Möglichkeit, wenn wir auf der Bühne stehen, auch was zu machen und zu äußern. Und da möchten wir uns auch nicht dümmlich äußern, sondern wollen was machen – und dann kann man auch glücklich sein. Man kann nicht, so wie es bei ›Chicorée‹ zum Schluß war, überall diese Sache abfallen, abflachen, sondern man muß brüllen … und man muß flüstern.«

Ganz zum Schluss ist »Feeling B« zu hören: »Zieh’ die Schuhe aus / die so lang schon drücken. / Lieber barfuß lauf, / als auf ihren Krücken.«

Feeling B - Artig

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Feeling B - Unter Dem Pflaster

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Jochen Wisotzki schreibt dazu: »Deutlich steht mir ein Gespräch mit Dieter Schumann gegen Ende des Montage-Prozesses vor Augen. Wir standen gerade an der Ampelkreuzung vor dem Roten Rathaus in Berlin. Es ging darum, wie wir den Film beenden und um die Option, den Film mit diesem Song zu beschließen. Ich fragte Dieter etwas unsicher, ob wir uns trauen, am Schluss zur Revolution aufzurufen. Dieter antwortete lachend: Na klar! Und so wurde es dann auch gemacht.«

DDR 1987, Zeit- und Filmgeschichte mit Leuchtkraft.

Fotos: DEFA-Stiftung / Fotografin: Tina Bara

Is’ Presse da? …

… erkundigte sich unser Ehren-FILMERNST Rolf Losansky vor jeder Veranstaltung, zu der wir ihn eingeladen hatten. Es waren viele, die er zwischen der Uckermark und dem Spreewald absolviert hat. Immer gut vorbereitet, immer pünktlich, immer guter Laune. Ausdauernd, bis auch die letzte Frage beantwortet war – ohne jede Floskel, sondern sehr anschaulich und mit viel Humor. Er fehlt uns sehr, aber seine Filme halten die Erinnerung …


… an ihn sehr wach. Gerade erst gab es etliche Veranstaltungen mit seinem Klassiker »Moritz in der Litfaßsäule« – und »DEFA-Filme: kein Schulgespenst!« heißt der Beitrag von Jürgen Bretschneider über Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von DEFA-Filmen im Unterricht. Erschienen ist er ebenfalls im »Leuchtkraft«-Journal der DEFA-Stiftung, hier als PDF-Download (ab Seite 114). Des weiteren Erinnerungen an Rolf Losansky von seiner Tochter Danka Losansky, seinen ehemaligen Kinderdarstellerin Frank Wuttig (»Euch werd’ ich’s zeigen«) und Ralf Schlösser («… verdammt, ich bin erwachsen«) sowie seiner kongenialen Szenaristin und Drehbuchautorin Christa Kožik.



Als Fazit der Überlegungen, ob es sich lohnt, DEFA-Filme für schulische Kontexte aufzubereiten und einzusetzen, steht ein Ausrufezeichen hinter dem »Ja!« Es gibt mehr als genug Filme für unterschiedliche Altersgruppen, die es nach wie vor lohnen, dafür ausgewählt zu werden – und insofern stimmt auch die Überschrift des Beitrags, »DEFA-Filme: kein Schulgespenst!« Aber es ist eben nicht damit getan, die Filme zu digitalisieren. Dies ist eine für das heutige Kino-Abspiel notwendige, indes keine hinreichende Voraussetzung. Weit aufwendiger und kleinteiliger ist es, die digitalisierten Filme ans Publikum zu bringen – und nicht mit allen ist es so leicht wie mit den Filmen von Rolf Losansky.

FILMERNST macht das seit nun schon fast 20 Jahren, aber: Die Zeiten ändern sich. Doch selbst wenn es immer schwieriger wird – zumindest außerhalb von Festivals und Event-Veranstaltungen –, einem nachwachsenden Publikum DEFA-Filme zu präsentieren oder anders: ausreichend Besucher:innen dafür zu finden: Wir lassen nicht nach, wie unser letztes, aktuelles Sonderprogramm zeigt:

»Von gestern für heute: Die DDR im DEFA-Film«
»Moritz in der Litfaßsäule« (1.-4. Jahrgangsstufe)
»Isabel auf der Treppe« (4.-7. Jahrgangsstufe)
»Ikarus« (5.-8. Jahrgangsstufe)
»Biologie!« (8.-10. Jahrgangsstufe)

Flyer

Anmeldungen für die Filme nehmen wir gern entgegen.

Speziell über Dokumentarfilme im Unterricht schreibt Bettina Henzler im »Leuchtkraft«-Journal der DEFA-Stiftung: »Die Rückseite der Bilder – Methodische Zugänge zum Dokumentarfilm. Drei Perspektiven auf den ›Mauerfall‹«, ab Seite 96.

Zum Schluss noch einmal zurück zu Rolf Losansky und einem seiner frühen Filme. Verbinden möchten wir das mit der Erinnerung an einen bedeutsamen deutschen Schriftsteller, der vor 100 Jahren geboren wurde: Franz Fühmann. Von ihm erschien 1960 »Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen«, mit Illustrationen von Inge Friebel, ediert im Kinderbuchverlag Berlin als Band 10 der »Kleinen Trompeterbücher«.
Rolf Losansky drehte nach dieser Vorlage 1963 in Eisenhüttenstadt und Umgebung, zum Frauentag 1964 erlebte der Film im Berliner »Kosmos« seine Premiere, als »Ein märchenhafter Kriminalfilm für Kinder«, wie auf dem Plakat geworben wurde. Der Zauberer Sassafraß, gespielt vom großen Pantomimen Eberhard Kube, vermag auch heute noch die Kinder zu verzaubern.



Fotos: DEFA-Stiftung / Eberhard Dassdorf ;
Filmplakat DEFA-Stiftung / Grafikerin: Angelika Rößler
restliche Fotos: FILMERNST


»Ich bin die Kröte …«

… auf dem Schatz der Welt«, ist in Herbert Achternbuschs »Das Andechser Gulasch« zu lesen. Und: »Ich werd schon wieder aus der Scheiße eine Rose machen.« Deftig, derb, bayerisch-krachledern. Floskeln waren ihm ganz sicher ein Graus, in seinen Büchern und seinen Filmen. Jetzt hat der antiautoritäre Autorenfilmer sein Wortgestöber eingestellt, im Alter von 83 ist der subversive Dichter, Maler, Filmer gestorben. Wohl nie …


… werden wir eines seiner exzentrischen Werke im FILMERNST-Programm zeigen können, schade eigentlich. Aber immer wieder können wir ihn zumindest zitieren und aus seinem Fundus zehren. Schon einmal haben wir es in einem Rundbrief getan, zu Beginn des ersten Lockdowns, natürlich mit dem bekanntesten Paradox von ihm. Aus »Die Atlantikschwimmer«, es wurde sprichwörtlich. Da stehen zwei Männer, Herbert und Heinz, am Meeresstrand. Es treibt sie hinaus, doch es fehlt ihnen ein Schiff. Angesichts dieser Lage verkündet Herbert, gespielt vom Anarcho Achternbusch selbst: »Du hast keine Chance, aber nutze sie!« Dann steigt er in voller Montur ins Wasser und schwimmt in die Fluten: Das Ende des Films und Hoffnung auf etwas Neues. Auch wir wollten, in der Pandemie, jede Chance nutzen. Das gilt noch immer.



Nicht selten wurde Herbert Achternbusch mit Karl Valentin in einen Zusammenhang gebracht. Mit diesem rufen wir deshalb jenem nach:
»Wer am Ende ist, kann von vorn anfangen, denn das Ende ist der Anfang von der anderen Seite.« Servus, Achternbusch!


Der Herr Herbert in »Servus Bayern« | © Filmmuseum München

Übrigens: Ganz so aussichtslos ist es mit dem Bayerischen bei FILMERNST nicht: Mit »Tom und Hacke«-Vorführungen wollten wir testen, ob die originelle Adaption des Mark-Twain-Klassikers in ihrem breiten bayerischen Dialekt auch für preußische Ohren taugt. Das Ergebnis: Die brandenburgischen Schüler:innen waren durchaus offen für ›Fremdsprachen‹! Ein Drittel des Publikums hatte überhaupt keine Probleme, die Dialoge zu verstehen und der Handlung zu folgen, obwohl: »Wenn man kein Bayer ist, dann ist man eingeschränkt«, lautete der schönste Kommentar auf einem der Auswertungsbögen.


Fotos: Zorro Filmverleih

»Sag beim Abschied …«

… leise Servus. Nein, das können wir uns in diesem Rundbrief einfach nicht entgehen lassen, das Ende einer Ära – zumal ja Templin von Anfang an ein FILMERNST-Spielort ist. Hätte die Kanzlerin uns gefragt, was man ihr zum Großen Zapfenstreich blasen soll, dann wären wir wahrscheinlich auf die Puhdys gekommen. Die sind in ihrem DEFA-Lieblingsfilm, »Die Legende von Paul und Paula«, zu hören. Vor Jahren hatte sie sich …



… genau diesen Film gewünscht und im Berliner »Filmkunst 66« neben Andreas Dresen in der fünften Reihe gesessen. Eine starke Heldin, die zu Tränen rührende Angelica Domröse. Ein Klassiker, ein wenig Revolte, aber immer im Rahmen. Irgendwie passend. Kein Agitprop, sondern Kultur: »Geh zu ihr und laß deinen Drachen steigen!«

Gerhard Gundermann hätten wir auch vorschlagen können, aber Nina Hagen wäre uns gewiss nicht eingefallen. »Du hast den Farbfilm vergessen / bei meiner Seel’ / Alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr.« Blau und weiß, die Landesfarben des Freistaats Bayern – und grün? – und später nicht mehr wahr? Irgendwie rätsel- und rautenhaft, vielleicht sogar putzig-punkig.

Die Musikwünsche aus dem Kanzleramt wurden jedenfalls arg spät geäußert, Nina Hagens »Farbfilm« wie Hildegard Knefs »Für mich soll’s rote Rosen regnen« waren im Notenarchiv des Bundeswehr-Musikkorps gar nicht vorhanden. Nina Hagens Song, die Komposition von Micha Heubach, musste neu für Sinfonisches Blasorchester arrangiert werden. Diesem Befehl kam der Klarinettist, Stabsfeldwebel Guido Rennert, mit Bravour nach, lediglich zwei Tage brauchte er dafür, dann konnte geprobt werden. Tuba statt E-Bass und das Gitarrensolo übernahm das Saxophon. Das klang natürlich etwas blechern und gewöhnungsbedürftig, aber der Kanzlerin hat es anscheinend gut gefallen. Nicht nur für eine Filmanalyse ist das Video der Bundesregierung (in voller Länge siehe Quelle unter dem Ausschnitt) mehr als einen kurzen Blick wert.


Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/mediathek/kanzlerin-grosser-zapfenstreich-1987248

»Die Welt sollte sich umgestalten / Und ihre Sorgen für sich behalten«, das wird Angela Merkel wohl auch im Kanzlerinnen-Ruhestand nicht von Hildegard Knef übernehmen. Das erste Job-Angebot, immerhin vom UNO-Generalsekretär, hat sie erst mal ausgeschlagen, und auch Ehrenvorsitzende ihrer Partei möchte sie nicht werden. Alles Floskelhafte im Tun und Gebaren ist ihr fremd, was sich von ihren Worten und Reden wohl nicht in gleicher Weise sagen lässt. Aber »als Physikerin denkt sie die Dinge halt vom Ende her« – mit dieser Journalisten-Floskel konnte sie gut leben.


Ende der Ära Merkel: Bis zum Schluss ohne Pathos ... Foto: tagesschau.de/AP

Wir sehen uns im Kino, im MKC Templin – oder im Sanddorn am Strand von Hiddensee, dann aber garantiert mit Farbfilm.


Fotos Zapfenstreich: Bundesregierung/Steins


Aktuelle Programmfilme

Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik

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9.–13. Jahrgangsstufe

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