FILMERNST

Sehend lernen – Die Schule im Kino

Das Kompetenzzentrum für
Film – Schule – Kino
im Land Brandenburg

Perspektivreich: Lehrerfortbildung zur Filmarbeit

86 Anmeldungen gab es und letztlich 75 Teilnehmer: dreimal mehr als im vergangenen Jahr. Der Aachener Filmpädagoge Manfred Rüsel vermittelte im Potsdamer Filmmuseum auf anschauliche Weise Grundlagen der Filmanalyse. Er verknüpfte die Theorie mit eigenen schulischen Erfahrungen und zeigte, wie Filmarbeit, das Sehen und das Machen, in den Unterricht einzubringen ist: manchmal auch auf einfachste Weise mit Wasserflaschen als Kameras. Andere Perspektiven ...


Obwohl die Fortbildung für Lehrkräfte der Sekundarstufen I und II ausgeschrieben war, überraschte die starke Nachfrage aus Grundschulen und zum Teil auch von Lehrkräften anderer Schularten. Das zeigt einerseits den großen Bedarf und andererseits die gebotene Differenzierung.

Von der Fortbildung fühlten sich, wie die Evaluation ergab, fast ausnahmslos alle Teilnehmer »angemessen gefordert«, lediglich zwei fühlten sich »unterfordert«. Die Bewertung der Veranstaltung anhand einer Notenskala von 1/sehr gut bis 6/ungenügend erreichte durchweg Spitzenwerte: das Fachwissen des Referenten kam auf einen Durchschnitt von 1.07, die Anschaulichkeit auf 1.16, die Zielgruppenorientierung auf 1.53.

Wichtig für die Wirksamkeit der Fortbildung war die Antwort auf die Frage, ob und wie die Teilnehmer Spiel- oder Dokfilme künftig in ihre Unterrichtsgestaltung einbeziehen werden: Ein Drittel gab an »ja, wie bisher«, zwei Drittel aber »ja, mehr als bisher«.

Zum Punkt »Anregungen/Themen/Filmwünsche für künftige Fortbildungen« gab es zahlreiche, sehr konkrete Anmerkungen: Die Kommentare reichten von: »Bitte genau so weitermachen!« und »Es war eine tolle Veranstaltung, vielen Dank!« über den Vorschlag: »Wasserflaschen-Kameras durch echte ersetzen: Live-Demonstrations-Effekte erhöhen!« und den Einwand: „»Ich fand die Veranschaulichung anhand von Psychothrillern nicht so gut.« bis zum Wunsch: »Für ältere Kollegen eine Praxisfortbildung zur technischen Seite Download von Filmsequenzen und Einbau in Bildschirmpräsentationen.«

FILMERNST nimmt die Anregungen und Vorschläge natürlich ernst und wird die entsprechenden Möglichkeiten prüfen. Die nächsten Fortbildungstermine werden wir rechtzeitig bekanntgeben.

Prädikatsprogramm

23 der insgesamt 38 bei den diesjährigen SchulKinoWochen im Land Brandenburg angebotenen Filme tragen das von der Deutschen Film- und Medienbewertung verliehene Prädikat »besonders wertvoll«. Ganz aktuell und gerade erst ins Kino gekommen: Robert Thalheims »Westwind« und Ziska Riemanns »Lollipop Monster«. FILMERNST freut sich auf zahlreiche Anmeldungen.


Aus der FBW-Jurybegründung für »Westwind«
»Dieser Film nimmt den Zuschauer äußerst gekonnt und angenehm berührend auf eine Zeitreise mit, die atmosphärisch dicht erzählt ist und der es gelingt, individuelle Schicksale im Schatten eines repressiven politischen Systems zu verorten, ohne jede (N)Ostalgie oder westliche Überheblichkeit herauszukehren. So sehr es den Zuschauer auch interessieren mag, was aus beiden Schwestern geworden ist, so konsequent ist es, die Zukunft komplett auszublenden. Denn das ist eine andere Geschichte, die den Rahmen dieses Films gesprengt hätte. Manchmal ist weniger eben wirklich mehr.«

Aus der FBW-Jurybegründung für »Lollipop Monster«
»Ziska Riemann und Luci van Org schrieben das Drehbuch mit starkem autobiographischem Touch und Ziska Riemann inszenierte auch selbst perfekt diesen rasanten, bösen und aggressiven Höllentrip einer Mädchenfreundschaft. Das ist stark überzeichnet und mit comicartigen Elementen angereichert. Expressive Zeichnungen, Music- und Videoclips, Gothic-Elemente und eine Fülle von Lolita-Zitaten vermischen sich zu einer überaus kreativen und dynamischen Mixtur. Ausstattung, Kleidung und Maske ergänzen diesen Mix zu einem stimmigen Ganzen. Ein einziger Aufschrei zum Ausbruch aus Ohnmacht, Enge und Schmerzen und nach Erfüllung von Lebenslust und Freiheit.«

Anmeldungen online

Im vergangenen Jahr haben wir damit begonnen und gute Erfahrungen gesammelt: Am schnellsten und effektivsten funktioniert die Online-Anmeldung. Im entsprechenden Formular sind alle Felder mit den notwendigen Angaben ganz unkompliziert auszufüllen. Die Anmeldebestätigung und das Unterrichtsmaterial werden Ihnen dann per E-Mail zugesandt; Sie können es aber auch selbst herunterladen und ausdrucken. Natürlich stehen wir Ihnen für Fragen und Beratung auch weiterhin telefonisch zur Verfügung.

»Immer auf der Hut.« Ost-Schüler in Westberlin

Er war DDR-Jugendmeister im Hürdenlauf, doch den dramatischsten Lauf seines Lebens hat er verloren: Am 13. August 1961 machte sich der Abiturient Roland Exner auf den Weg in die Oderberger Straße, um gegen den Bau der Mauer zu protestieren. Von Polizisten durch die Schönhauser Allee gehetzt, wurde er schließlich gefasst und verhaftet: Drei Jahre und 15 Tage Zuchthaus Bautzen. In einer FILMERNST-Sonderveranstaltung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus las er vor Potsdamer Schülern des Humboldt-Gymnasiums aus seiner Lebensgeschichte.

Roland Exners Text ist Teil eines soeben erschienenen Buches: »Immer auf der Hut. Ost-Schüler in Westberlin. Als die Mauer dazwischenkam.« Sie waren Abiturienten des Jahrgangs 1961: Sie wohnten in der DDR und in Ostberlin und gingen in Westberlin zur Schule. Das schriftliche Abitur war geschafft, das mündliche stand nach den Sommerferien an. Aber dann kam der 13. August. Schicksalswende. Die neue Situation verlangte blitzschnelle Entscheidungen: Fliehen oder bleiben, Familie oder geistige und politische Freiheit. 16 jener Abiturienten an der West-Berliner Bertha-von-Suttner-Schule haben ihre Erinnerungen an diesen historischen Tag aufgeschrieben. Zwei dieser bewegenden Texte waren am 8. Juni im Potsdamer Filmmuseum zu hören, und die Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasuims erlebten eine ganz besondere Geschichtsstunde.

Der ergänzend zu den Lesungen gezeigte Dokumentarfilm der Deutschen Welle »Hauptsache rüber - Durch den Kanal in den Westen« erzählt von einer geglückten Tunnelflucht durch die Panke und dem tragischen Ende eines besonders mutigen jungen Mannes: Dieter Wohlfahrt war ebenfalls Schüler der Bertha-von-Suttner-Schule und durfte dank eines österreichischen Passes auch nach dem 13. August in den Osten einreisen. Er holte zahlreiche seiner Mitschüler in den Westen und wurde bei einer Aktion am 9. Dezember 1961 in Staaken von DDR-Grenzern erschossen.

»Märkische Allgemeine Zeitung«, Potsdam, 9. Juni 2011

 

Das Buch:

»Immer auf der Hut. Ost-Schüler in West-Berlin. Als die Mauer dazwischenkam.«
Nachwort von Veronika Wabnitz: Mit dem Ranzen über die Sektorengrenze.
Verlag Scheichers Buchhandlung, Berlin 2011. 212 Seiten mit Abb. 13 Euro.
ISBN 978-3-9809089-4-8.

 

»Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«

Am Anfang gab es eine gute Idee und die filmernste Anfrage von Mareike Schulz, Sozialarbeiterin an der Hennigsdorfer »Adolph-Diesterweg«-Oberschule: »Wir möchten gern einen Projekttag im Kino gestalten, uns Filme zu einem bestimmten Thema anschauen und anschließend darüber diskutieren. Was wir suchen, ist ein Veranstalter, der für die medienpädagogische Begleitung und Vertiefung sorgt.«



Am 19. April kam es zu dieser FILMERNST-Veranstaltung im Hennigsdorfer Kino im ZIEL. Die rund 200 Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 10 hatten sich drei Filme ausgesucht, die sich in künstlerisch eindrucksvoller Weise mit Themen wie Mobbing und Slapping, Integration und Toleranz, sozialer und ethnischer Diskriminierung befassen. Zu sehen waren »Davids wundersame Welt« (Großbritannien 2003), »Freedom Writers« (USA 2007) und »Ben X« (Belgien/Niederlande 2007).
Die »Diesterweg«-Schüler sahen diesen filmischen Projekttag als Teil ihrer Bemühungen, den Titel »Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage« zu erwerben. Voraussetzung dafür ist die Verpflichtung von mindestens 70 Prozent aller in einer Schule Lernenden und Lehrenden, sich künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Einrichtung aktiv einzusetzen, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema durchzuführen. Der FILMERNST-Tag im Kino ZIEL war hierfür ein guter Beginn und ein sicher nachwirkender Beitrag.

Einige Bildimpressionen:



Die Diesterweg«-Schüler ›stürmen‹ das Kino im ZIEL, rechts die Sozialpädagogin Mareike Schulz.





FILMERNST-Moderator Sven-Ole Knuth bei der Einführung des Films »Ben X«



Betroffenheit und Gespräche: »Wer bestimmt, was normal ist?« »Woher kommen Vorurteile?«



FILMERNST-Moderatorin Patricia Hermes im Gespräch über »Die wundersame Welt des David Wiseman«.



Erinnerungsprotokolle: Welche Szene war am eindringlichsten? - und ein Diskussion über Vorurteile gegenüber anderen Menschen.



FILMERNST-Moderator Roland Helia bei »Freedom Writers«.



Das FILMERNST-Team mit der Sozialarbeiterin Mareike Schulz.

Fotos: Peter Rathmann

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